Ich heiße Joseph und bin zwölf Jahre alt. Mein Bruder heißt Martin. Ich bin Jude und ich wohne in Brüssel. Ich bin ein normaler Mensch, der Rechte hat. Es ist für uns sehr schwer, zu leben. Wir müssen uns immer vor der Gestapo verstecken. Warum? Das weiß ich nicht.
Ich bin normal, lebe wie alle. Ich esse, schlafe. Ich lache auch. Also warum sind wir für Hitler unterschiedlich? Sind wir anders als Hitler? Was will er von uns? Sind wir Tiere oder Menschen? Sind wir vielleicht Sklaven? Immer Fragen, auf die es keine Antwort gibt.
Ich habe immer Angst. Ich habe keine Eltern. Ich wohne mit meinem Bruder bei Jeanette. Jeanette ist eine nette Dame. Sie glaubt an Gott. Wir glauben auch an ihn. Sie hat gesagt, es wäre nicht derselbe, aber für mich gibt es nur einen Gott.
In unserer Schule haben wir heute gelernt, dass man immer die Wahrheit sagen muss. Ich wurde ganz blass, weil ich immer gelogen habe. Aber ich musste, sonst hätte uns die Gestapo erwischt. Ich habe über meinen Namen, mein Alter, … gelogen. Ich habe Jeanette gefragt, ob Gott uns Lügen verzeiht. Jeanette hat mir gesagt, dass es zwei Lügen gäbe. Die eine ist schlecht, aber meine war gut, weil sie mein Leben rettete. Und sie hat gesagt, dass Gott uns diese Lüge immer verzeiht. Sie hat gesagt, dass sie auch gelogen hat. Sie hat der Gestapo gesagt, dass wir ihre zwei Kinder wären, als sie das Haus durchsucht haben.
Ich war froh, dass Gott diese Lüge verzeiht und ich ging ruhig ins Bett. Um zwei Uhr morgens wurde ich geweckt von Schreien und ich hörte: „Polizei! Kontrolle!“. Ich habe in diesem Moment verstanden, dass jemand uns verraten hatte. Er hatte die WAHRHEIT gesagt, aber ich wusste, dass diese Wahrheit schlecht war und ich wusste, dass Gott das nicht verzeiht, auch wenn es die Wahrheit war.