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Schumacher Julie

Ich werde niemals schweigen

 

Es sollte ein ganz normaler Schultag werden, ein Tag wie jeder andere, ein Tag der nicht in die Geschichte eingehen wird. Halt ein ganz stinknormaler Schultag, wie ihn jeder Schüler hasst. Doch dieser sollte anders werden. Schon in der ersten Stunde bemerkte ich die Nervosität von unserem Lehrer. Seine Blicke schweiften andauernd zur Uhr und feine Schweißtropfen standen auf seiner kahlen Stirn und tropften von der Nasenspitze auf sein weißes Hemd. Als er schlussendlich sagte wir sollten und hinsetzen und keinen Mucks von uns geben, sprang mir das Herz vor Aufregung fast aus der Brust. Meine Mutter hatte mir schon erzählt, dass einige Schulen von schwarzen, dunklen Gestalten überfallen geworden waren. Diese Gestalten waren böse und hatten kein Herz und keine Seele. Sie wollten uns, den Mädchen aus der Stadt verbieten in dieser Schule zu gehen. Mein Gefühl sagte mir dass sie es geschafft hatten und wir uns ihnen unterwerfen mussten. Mit einem Mal flog die Tür auf. Ich schrie auf. Schwarz gekleidete Männer stürmten in unseren Klassenraum und zerrten alle Mädchen nach draußen. Als Amalia, eine meiner besten Freundinnen versuchte sich gegen sie zu wehren, wurde sie auf der Stelle erschossen. Für einen Moment wurde mir schwarz vor Augen, das Geschrei der anderen Mädchen, Amalias Leiche, die blutverschmiert vor mir lag und die Tatsache dass auch mir jeden Moment eine Kugel durch den Kopf gejagt werden könnte. All diese Tatsachen zerstörten mich momentan innerlich, doch ich musste versuchen einen klaren Kopf zu bewahren, denn wer weiß was die mit mir machen würde, würde ich jetzt zusammenbrechen. Die schwarzen Gestalten forderten uns auf, uns in eine Reihe zu stellen. Dann schrieen sie uns an : „Ihr werdet nie wieder herkommen, Frauen sollten in der Küche stehen und nicht in der Schule. Ab jetzt haben wir hier das Sagen und wer uns nicht gehorcht erleidet das Gleiche Schicksal wie diese Göre da“, sagte einer und zeigte mit einen kalten aber durchdringenden Blick auf Amalias leblosen Körper, worauf jetzt schon einige Mücken herumschwirrten. Mir lief eine Träne über die Wange, sofort spürte ich einen stechenden Schmerz auf meiner Wange, ich spürte mein warmes Blut, was mir über die Wange lief. Die raue Stimme eines Mannes schallte mir ins Ohr.  „ Keine Frau ist es wert dass man um sie weint“, schrie er und packte seine Peitsche gerade weg. Als ich ihm antwortete: „Jeder ist es wert dass man um ihn weint. Jeder hat Gefühle und jeder hat das Recht sie zu zeigen.“,  spürte ich sofort wieder diesen unerträglichen Schmerz. Doch dieses Mal wurden die Schmerzen von einem noch stärkeren Gefühl übertroffen. Hass, reiner Hass durchströmte meine Adern und ich schwor mir für Amalia und alle anderen Gefallenen zu rächen. Uns wurde außerdem verboten ohne männliche Begleitung das Haus zu verlassen. Mit jedem Wort was diese sogenannten „ Rächer“ sagten, wuchs mein Hass auf sie. Jetzt durften wir schon nicht mal mehr alleine aus dem Haus gehen. Die Tatsache eingesperrt zu sein, gefiel mir überhaupt nicht ich war schon immer ein Freigeist, der tat was ihm gerade passte. Also tat ich was getan werden musste, ich wehrte mich gegen die Rächer. Ich veröffentlichte kleine, unauffällige Botschaften über Gleichberechtigung und Freiheit. Irgendwann hatte ich es satt dass meine Nachrichten nichts bewirkten. So trat ich mit anderen Rebellen auf die Straße und schrie: „ Lasst uns frei!“ Sofort kamen einige Rächer und schossen in die Menge. Ein kleines Mädchen stand neben der Leiche ihrer Mutter und rüttelte mit blutverschmierten Händen an dem leblosen Körper ihrer Mutter. Das kleine Mädchen weinte: „ Wach auf Mama, wach bitte auf!“. Weitere Frauen fielen lautlos um. Das einzige Geräusch, das ich in diesem Moment hörte, war mein rasendes Herz. Ohne zu überlegen ging ich immer weiter. Weiter auf diese Monster zu, die ohne Gefühl jeden umbrachten, der sich ihnen in den Weg stellte. Doch wir waren in der Überzahl. Es war egal wieviele Frauen liegen blieben. Wir machten weiter, denn solange wenigstens eine sprach, konnten die andern nicht schweigen.

 




Envoyé: 18:32 Fri, 13 March 2020 par: Schumacher Julie