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Peter Vanessa

Der gefallene Engel

 

Manchmal braucht diese Welt nicht einen weiteren Helden. Hin und wieder ist es ein Monster, was sie braucht, um ihr zu zeigen, wie die Menschen sind. Du nennst mich den Teufel, doch wir wissen beide, dass ich bloß ein gefallener Engel bin. Du hast mir meine Flügel rausgerissen. Das Blut tropfte meinen Rücken hinunter, als ich meine Seele dann wirklich dem Teufel verkauft habe. Du bist Schuld.

Das blutrote gebrochene Siegel mit dem fallenden Engel prangt auf dem geöffneten Brief. Der Leser fasst seine Krone an um sicherzustellen, dass sie noch da ist. Er sieht aus dem Fenster hinunter in das Königreich, das seit kurzem ihm gehört. Es wird bald brennen, wenn er nichts unternimmt. In der Mitte findet in diesem Moment der große Markt statt. Die Menschen drängen sich an den Ständen vorbei und handeln um jeden Preis. Durch das geöffnete Fenster hört er das Wiehern der Pferde und das Lachen der Kinder. Nur leise hört er einen Mann Dudelsack spielen und sieht Frauen die im Kreis zu der frohen Musik tanzen. Er versucht ruhig zu bleiben, als König ist es seine Pflicht. Er ist der König. Noch nicht lange, doch er hat sich das genommen was er wollte, den Thron und die Macht. Hat alles in Kauf genommen um sein Ziel zu erreichen. Es gab keine Grenzen für ihn, doch es wird Konsequenzen geben. Sein Bruder verabscheut ihn. Denn er hat seinem Bruder Liam alles genommen. Auf seinem Schreibtisch liegt die silberne Kette. Sie gehörte der Frau, die Liam wahrhaftig geliebt hat. Er nimmt sie und öffnet das Medaillon innen befindet sich eine kleine Zeichnung von ihr und seinem Bruder. Liam hält sie fest ihm Arm. Jetzt ist sie nur noch eine Erinnerung, weil er König sein wollte und sie aus dem Leben reißen musste. Er legt es wieder hin und liest den Brief weiter. 

Du dachtest, du wärst auf der Welt um den Himmel zu ersteigen. Du hattest schon immer nur ein einziges Ziel. Dabei hast du nicht auf mich geachtet, einen einfachen Menschen, der wahrhaftig geliebt hat. In den tiefen deines schwarzen kalten Herzen hast du gedacht du ersteigst den Himmel dort oben stellst du deinen Thron auf. Es ist dir gelungen. Ich bereue jeden Tag dich nicht in die Hölle geschickt zu haben, als ich noch ein Engel mit Flügeln war. Du hast mir meine weißen unschuldigen Flügel genommen. Meine Klauen hast du aber vergessen. Ich will Rache, denn du hast mir alles genommen um dein eigenes Ziel zu erreichen. Was du getan hast werde ich dir niemals verzeihen. Du wolltest Gott spielen, doch der bist du nicht, - der bist du nicht. Hast dir die Liebe genommen. Jedoch hast du sie nur als Treppe um in den Himmel zu kommen benutzt. Nie wirklich geliebt, war nur Mittel zum Zweck. Eine Sache, der du nicht würdig bist. Du warst feige. Hast es nicht mal selbst getan. Als Schlange warst du die Quelle für das Gift. Der Befehl kam von dir. Beim Essen in froher Gesellschaft hast du deinen Diener die schmutzige Arbeit erledigen lassen. Die Trauer in deinem Gesicht nur ein Schauspiel, dennoch glaubte dir jeder - außer mir. Niemand konnte dein zweites Gesicht sehen, aber ich sah es, wieder und wieder. Mit jedem Mal wurde die Abscheu größer. Du hast die Gefahr, die von mir ausging gesehen und hast getan was du immer tust. Sie aus dem Weg räumen, statt sich ihr zu stellen, denn das ist so viel einfacher. Ich stelle mich nun der Gefahr, all meinen Fehlern und Sünden, die ich begangen habe. Ich weiß es sind einige und ich bereue sie alle. Trotzdem sind deine viel zahlreicher. 

Du bist mein Blut und ich bin dein Blut. Wir werden nicht gemeinsam untergehen. Nein. Du wirst mich nicht zerstören können. Ich werde kommen und dich zerstören. Heiliges Wasser wird dir nicht helfen, tausend Armeen werden mich nicht fernhalten. Ich will nicht deine Macht oder dein Geld. Deine Krone will ich auch nicht. Meine Rache kommt. Ich werde kommen und dein Königreich niederbrennen. Ich werde zusehen wie deine mit Edelsteinen bestückte Krone auf den Boden fällt und das Feuer sie auffrisst. Deine Schreie werde ich hören und meine langersehnte Rache wird sich erfüllen. Den aufsteigenden Rauch werde ich riechen und wissen, dass die Gerechtigkeit gesiegt hat. Du kennst mich. Du weißt wer ich bin, was ich will und was du mir genommen hast. 

Die Strahlen der Sonne erreichen nur noch die oberen Türme. Im Hof ist es bereits dunkel und die Ablösung der Wachen findet wie jeden Abend um die gleiche Uhrzeit statt. Im Dunkeln macht sich der gefallene Engel auf den Weg in das einzige Gasthaus das es gibt. Die Kapuze tief im Gesicht und schwarz gekleidet so dass niemand die Wunden sehen kann, die er mit sich trägt. Schnell und leichtfüßig verteilt er die Flugblätter, drückt jedem eins in die Hand. Auf ihnen hat er die Worte: „Der König ist ein Mörder. Verschwindet aus seinem Reich sonst werdet ihr brennen wie er.“ nieder geschrieben. Die Menschen glauben ihm ohne es zu hinterfragen, denn den Text hat er mit seiner letzten Feder verfasst. Das Wort des Engels glauben sie und verschwinden aus dem Gasthaus. Bloß ein kleines Mädchen bleibt übrig sie geht zu ihm hin und fragt: „Wieso müssen wir gehen?“. „Du musst dieses Reich mit deinen Eltern verlassen. Denn ein Engel wird nun Rache nehmen und zum wahren Teufel werden. Lauf Kleines und rette dich.“ 

Nachdem das kleine Mädchen weg gerannt ist schreitet er in die Mitte des Hofes wo es genug Holz und Stroh gibt um alles niederzubrennen. Der gefallene Engel nimmt sein Streichholz und zündet es an. Er betrachtet die kleine wunderschöne Flamme, die nun seine Rache sein wird. Er lässt es fallen und sieht zu wie Stroh und Holz brennen. Die Flammen beginnen bereits an den Türmen zu züngeln, als die Wachen verzweifelt versuchen das Feuer, das sich ausbreitet zu löschen. Doch diese Aufgabe ist ihnen nicht bestimmt, niemandem. Der Engel ohne Flügel wird nun zum wahren Teufel und steht inmitten des Feuers. Er sieht wie es sich den Weg zu den Zimmern hochfrisst um zu seinem Ziel zu gelangen. Im Fenster des Königsgemachs sieht er ihn. Die Schlange, die sein Leben nahm und deren Angst deutlich zu sehen ist. Er wird jetzt dafür büßen. Die Flammen lecken an des einstigen Engels Haut, doch sie tun ihm nichts, denn sie gehorchen seinem Befehl der Rache. Das Feuer, es tanzt. Die Flammen flüstern den Namen der Schlange und bewegen sich zischend auf ihn zu. Sie fressen ihn auf. Seine gequälten Schreie erfüllen die Nacht und seine mit Edelsteinen bestückte Krone fällt zu Boden. Er ist umhüllt von den Flammen, die an ihm lecken und ihn zu Boden gehen lassen bis er seinen letzten Atemzug macht. Den Rauch in der Luft riecht der wahre Teufel und sieht wie er die Nacht verdunkelt. Die Flammen, sie flüstern: Nun ist es getan. 

 

 




Envoyé: 14:11 Fri, 16 March 2018 par: Peter Vanessa