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Hengel Elsa

Hinter mir



Ich bin alleine. Und trotzdem bin ich es nicht. Während ich den Weg entlanggehe, spüre ich, dass mich etwas verfolgt. Zuerst ist es nur ein Gefühl, ein Unbehagen, das sich in meinem Magen breitmacht. Ich spüre, wie mein Herz schneller zu schlagen beginnt und meine Augen sich leicht vor Angst weiten. Dabei habe ich bis jetzt weder etwas gehört, noch gesehen, noch gerochen. Bis jetzt.

Zuerst ist da dieser fürchterliche Gestank, den ich nichts Bekanntem zuordnen kann. Während ich ihn gezwungenermaßen einatme, fühlt es sich an als würde Säure durch meine Nase fließen. Das Unbehagen breitet sich mehr und mehr in meinem Körper aus, mein Puls wird schneller, meine Hände beginnen heftig zu schwitzen. Die Gedanken in meinem Kopf stellen sich alle möglichen Monster vor, doch ich versuche so gut wie möglich nicht durchzudrehen.

Dann höre ich Schritte. Schwere Schritte, die auf ein großes Etwas hindeuten. Meine Atmung wird schneller und meine schweißnassen Hände beginnen zu zittern. Ich spüre, wie das warme Blut immer schneller durch meine Adern gepumpt wird und es mir trotzdem eiskalt den Rücken runterläuft. Denn die Schritte, die weit entfernten Schritte, schienen auf einmal nicht mehr so fern zu sein. Das Etwas hat zu rennen begonnen und die dumpfen Geräusche werden lauter, immer lauter. Meine Gedanken schwirren im Kopf herum, zeigen mir das mögliche Aussehen meines Verfolgers und befehlen mir schlagartig, loszurennen. Dank dem Adrenalin in meinem Körper sprinte ich los, immer weiter durch die Dunkelheit. Eine Weile klappt das ganz gut. Meine schnellen Schritte und das laute Herzklopfen übertönen jegliche Geräusche hinter mir. Ist denn noch jemand hinter mir? Die Luft geht mir langsam aus und meine Beine schmerzen. Also bleibe ich stehen und sehe mich suchend um.

Für einen Moment bleibt mein Herz ebenfalls stehen. Denn hinter mir sehe ich… nichts. Es ist stockdunkel. Doch dann ertönen wieder die schweren Schritte und aus dem Nichts kommt etwas hervor. Meine Augen weiten sich, doch mein Gehirn steht zu sehr unter Panik als dass es vollständige Bilder formen könnte. Deshalb springen mir nur einige, furchtbare Details ins Auge: Riesige Tatzen mit scharfen Krallen. Blutbefleckte Zähne so dick wie ein Rohr. Seelendurchbohrende Augen, die mich unmittelbar gefangen halten. Mein Herz rast schneller als je zuvor, der Schmerz in meinen Beinen ist vergessen und mein Hirn schreit „LAUF!“. Ich entreiße mich angestrengt dem glühenden Blick und renne davon. Noch nie in meinem Leben bin ich dermaßen schnell gerannt und doch habe ich das Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen. Irgendwann bin ich tatsächlich langsamer geworden, obwohl ich lauthals meine Beine anschreie, bis mir auch noch dadurch die Luft ausgeht. Durch die schlagartige Atemnot gemischt mit dem Versagen meiner Beine stürze ich zu Boden. Ich falle auf meinen Arm und der Schmerz durchzuckt meinen Körper wie ein Blitz, so dass ich einen lauten Schrei ausstoße, der letzte, der meiner Lunge entfliehen konnte. Mein Kopf, der ebenfalls einen harten Schlag abbekommen hat, pocht wie wild und meine Sicht wird unklar. Alles dreht sich um mich herum, obwohl ich in der Dunkelheit sowieso nichts erkennen kann.

Dann fühle ich den heißen Atem, der mir höllisch den Hinterkopf verbrennt. Ich bin wie gelähmt.  Eine spitze Kralle streift über meinen Körper und ist kurz davor, meine Haut aufzuschlitzen. Doch dazu kommt es nicht. Denn bevor ich einen letzten klaren Gedanken fassen kann, durchbohrt ein messerscharfes Gebiss meinen Leib, so dass meine Wirbelsäule grässlich knackt und es endgültig schwarz vor meinen Augen wird.

 




Envoyé: 19:06 Mon, 12 March 2018 par: Hengel Elsa