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Rollinger Caroline

Eine neue Ära



Sam rannte ins Haus, schloss die Tür so schnell und trotzdem leise wie möglich und setzte sich dann in einiger Entfernung daneben an die Wand. Er keuchte und versuchte seinen Atem zu beruhigen. Draußen war zwar Nacht, doch das Haus war hell beleuchtet. Jedes Haus war beleuchtet.

„Hallo, Freund.“

Sam erschrak und zuckte zusammen, als er eine Stimme zu seiner Rechten hörte. Er wich zurück, zog reflexartig seine Pistole und zielte auf die Person, die auf der anderen Seite der Tür in der Ecke saß.

Er war so verdutzt, dass er gar nicht merkte, dass er weiterhin auf den Menschen zielte. Er hatte ihn beim Betreten des Hauses gar nicht gesehen.

Der Andere hob seine Hände. „Wir sind auf der gleichen Seite, Freund.“

Sam sah seine Pistole an. „Äh ... ja.“ Er steckte sie weg.

„Ich bin Justus“, stellte der Andere sich vor.

„Sam.“ Für einen Moment wollte er zu Justus kriechen, um ihm die Hand zu reichen, ließ es dann aber sein. Stattdessen sah er sich um. „Keine Möbel“, erkannte er. Das Haus gehörte ihm nicht. Es war klein, zweistöckig. Trotzdem war es seltsam, dass hier keine Möbel waren.

„Vielleicht stand es schon leer, bevor der Mist ausbrach“, überlegte Justus. „Ist die einzige, logische Erklärung. Und halte dich von oben fern, da haben zwei Leute Selbstmord begangen.“

„Oh ...“ Sam sah vor seine Füße. „Gehängt?“ Er sah wieder Justus an.

„Erschossen.“

„Hat die Pistole noch Kugeln?“

Justus zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht ... Ich gehe nicht nachsehen. Da oben stinkt es wie die Hölle.“

„Den Gestank erträgt man, wenn es um sein Leben geht“, meinte Sam.

„Ich habe noch Kugeln“, erwiderte Justus gleichgültig, als wäre ihm sein Leben egal. „Du hast dir übrigens einen gefährlichen Platz zum Verstecken ausgesucht.“ Er deute auf etwas über Sam.

Dieser sah hoch und entdeckte ein Fenster. Gerade in dem Moment ging eines dieser Wesen dort vorbei. Er drückte sich so fest wie möglich gegen die Wand unter dem Fenster. Die Beine angezogen, damit er bloß nicht entdeckt wurde.

Das Monster sah in das Haus, ließ sein Auge umherirren, knurrte und ging weiter. Es war noch ein paar Minuten Stille, bis die beiden sicher sein konnten, dass das Ding weg war.

„Bist du alleine unterwegs?“, fragte Justus.

„Ja.“ Sam nickte. „Ja ... und du?“

„Auch. Meine Gruppe ist tot.“

„Oh ... Schade“, erwiderte Sam. „Meine auch.“

„Sollen wir zusammen weitergehen?“

Sam sah ihn an. „Klar. Ich gehe die Pistole holen.“ Er stand auf und ging zur Treppe.

„Viel Glück“, wünschte Justus es ihm nach, während Sam nach oben stieg und langsam durch den Flur ging.

Vor einigen Jahren war in einem wissenschaftlichen Institut ein Fehler passiert. Sie wollten einen besseren Menschen erschaffen. Stattdessen kam ein mutiertes Wesen heraus, das dem Menschen zwar ähnelte, aber mental waren sie nicht so weit ausgebildet. Körperlich stattdessen besser. Schärfere Zähne, Krallen, ekelhafte, faltige Gesichter und bessere Sinne. Deshalb war alles beleuchtet. Sie konnten im Dunkeln sehen, anders als Menschen und das Licht war die einzige Möglichkeit, sich einen Vorteil zu verschaffen. Wenn man das Licht genau in ihr Gesicht hielt, erblindeten sie dauerhaft und man hatte eine Chance zu entkommen.

Die Monster waren schnell, aber wenn sie nichts sahen, rannten sie überall rein, wogegen man nur rennen konnte.

Wie es passierte, dass es zu so einer Katastrophe kam, war nur ein Gerücht. Angeblich hatten die Wissenschaftler vergessen, die Maschinen abzuschalten, die für das Erschaffen dieser Mutationen verantwortlich war, aber niemand konnte glauben, dass so ein kleiner Fehler für eine weltweite Katastrophe verantwortlich war.

Milliarden Menschen waren schon tot. Wie viele es noch gab, wusste keiner. Höchstens 100 Millionen. Wenn überhaupt.

Das Problem war, dass diese Maschinen anscheinend noch immer angeschaltet waren, weshalb immer mehr dieser Dinger folgten. Viele wollten schon in das Institut einbrechen und sie abschalten, aber niemandem gelang es.

Sam öffnete eine der Türen und sofort kam ihm der Höllengeruch entgegen, den Justus erwähnt hatte. Er wich zurück, hustete ein paarmal und hielt sich die Hand vor die Nase. Bemüht, möglichst durch den Mund zu atmen, um den Geruch so wenig wie möglich ertragen zu müssen, betrat er den Raum. Zwei Menschen lagen auf dem Boden, jeweils eine Pistole in der Hand. Das Blut war bereits getrocknet.

Er ging hin, nahm die beiden Pistolen und verschwand dann so schnell wie möglich nach unten.

„Und?“, fragte Justus. „Noch Kugeln drin?“

Sam sah nach. „Ja“, antwortete er. Eine der Pistolen steckte er sich in den Hosenbund, die andere warf er Justus zu.

„Was hast du da drin?“, fragte dieser und deutete dabei auf Sams Rucksack.

„Nahrung. Und das hier.“ Er nahm seinen Sack vom Rücken und holte etwas heraus, das wie eine Thermoskanne aussah.

„Was ist das?“, fragte Justus. „Heißer Kaffee?“

Sam sah ihn einen Moment beleidigt und verdutzt zugleich an. „Ein Gas“, antwortete er. „Es soll die Monster ausrotten können.“

„Nein“, meinte Justus sofort. „Das kann nicht sein. Wo hast du das her?“

„Ich habe es gefunden. Wir müssen zum Institut, da ist eine kleine Rakete. Wir packen das Gas da rein, schicken es über die Welt und töten die Monster.“

„Woher willst du wissen, dass es gegen die Viecher hilft?“

„Es stand dabei“, versicherte Sam.

„Womöglich ein Scherz.“

„Na und?“ Sam packte es wieder ein und stand auf. „Wir müssen es versuchen. Besser als nichts.“

„Dieses Institut zu betreten, ist Selbstmord!“ Justus sträubte sich dagegen, dort einen Fuß hineinzusetzen. So viele hatten es bereits versucht und keiner hatte es geschafft. „Jede halbe Stunde kommt da ein neues Monster raus, das Gebäude ist voll von diesen Dingern!“

„Ja, das sind 48 pro Tag, 336 pro Woche und ungefähr 1.400 pro Monat. Und jetzt rechne das alles mal zehn, weil die Wissenschaftler gleich zehn dieser Maschinen hatten.“

„Zehn?“, wiederholte Justus. „Woher weißt du das?“

„Ich habe es gehört und wäre es nur eine, würde die Rechnung gar nicht aufgehen. Die Dinger sind fast überall, wie hätte man mit nur einer Maschine in so kurzer Zeit, so viele erschaffen können?“

„Kurzer Zeit?“ Justus sah Sam zweifelnd an. „Sind schon ein paar Jahre.“

„Du weißt worauf ich hinauswill!“, antwortete Sam leicht aggressiv. „Wir müssen zu dem Institut, die Maschinen abschalten und das Gas freilassen.“

„Okay, angenommen du hast recht und die Maschinen würden die Wesen nicht gleichzeitig ausspucken, sondern nun mal zehn in 30 Minuten ... Da kämen alle drei Minuten ein neues raus! Es ist Selbstmord!“

„Nichts zu tun auch. Sieh dir die da oben an.“

Justus sah Sam einen Moment lang an. „Also gut, ich komme mit! Wenn wir wegen dir draufgehen, dann schwöre dir, dass ich nochmal zurückkomme, um auf deine Leiche zu spucken!“

„Ja, schon klar.“ Sam ging zur Tür. „Mach das Licht aus.“

„Bist du verrückt?“

„Wenn ich die Tür öffne, fällt ein Lichtschimmer nach draußen. Sollten Monster in der Nähe sein, sehen die das“, erklärte Sam ruhig.

„Wenn ich das Licht ausmache, sehen sie das auch.“

„Ja, eine Lampe ging kaputt. Das passiert dauernd. Darauf reagieren die nicht mehr“, wandte Sam tonlos ein.

Justus seufzte hörbar laut hinter Sam und schaltete das Licht aus. Sam öffnete die Tür. Die Straße war ebenfalls von den Lampen erhellt. Er sah einmal nach links und rechts. Nichts.

„Die Luft ist rein.“ Er trat nach draußen, die Waffe in der Hand. Justus folgte ihm. „Hast du überhaupt etwas zum Essen und Trinken dabei?“, fragte Sam ihn.

„Gestern das Letzte aufgebraucht.“

Sam unterdrückte einen Seufzer. Auch das noch. „Gut, wir machen einen Zwischenstopp beim Supermarkt. Beeil dich.“ Er eilte die Straße entlang. Justus dicht hinter ihm. Sie sahen hinter jeder Ecke nach und waren jeden Moment schussbereit. Normalerweise benötigte man zu Fuß eine halbe Stunde zum Supermarkt. Sie brauchten eine ganze.

Als sie ankamen, ging die Sonne bereits langsam auf. Sam nahm sich einen Einkaufswagen und gemeinsam betraten sie den Markt.

„Nimm so viel du tragen kannst“, sagte Sam zu Justus. „Wir teilen uns auf. Wenn du ein Monster siehst, dann schrei.“ Sam ging nach rechts, Justus nach links. Er packte ein paar Dinge in den Einkaufswagen. Später würde er das aussortieren, damit er nur das Nötigste mitnahm. Viele Regale waren leer und einige Lebensmittel lagen einfach auf dem Boden. Sam warf auch alles, was er im Endeffekt nicht brauchte, auf den Boden. Es interessierte inzwischen keinen mehr.

Plötzlich hörte er Justus’ Schrei. Er ließ den Wagen einfach stehen und lief zu ihm. Warum schoss der Idiot nicht?

Hinter einem Regal kam Sam schlitternd zum Stehen. Verdutzt sah er zu Justus. Vor ihm standen zwei Leute. Eine Frau und ein Mann.

„Justus, du solltest doch schreien, wenn du ein Monster sieh...“ Er hielt inne. „Obwohl, die ähneln denen ziemlich. Ich hätte gleich reagiert.“ Er stellte sich neben Justus. Es war Sarkasmus gewesen, aber die Frau schaute Sam trotzdem entrüstet an.

„Ich hatte nur die Silhouette erkannt, ich dachte es seien welche“, verteidigte sich Justus. Die Frau zielte mit ihrer Pistole auf die beiden. Nachdem der Dreck mit den Monstern sich verbreitet hatte, hatte irgendwie jeder eine Waffe.

„Gebt uns eure Sachen! Los!“

Justus hob die Hände. „Wir sind doch alle auf der gleichen Seite.“ Sam ging davon aus, dass er das zu jedem sagte, der auf ihn zielte.

„Süße“, erwiderte Sam stattdessen. „Nimm dir einfach was du willst, das hier ist ein Supermarkt.“

„Ich will deinen Rucksack! Hast du da Geld drin?“

„Ja, Tonnen“, log Sam. „Weil Geld heutzutage ja so viel Wert ist. Wir sind unterwegs zum Institut, kommt ihr mit?“ Sam wollte die beiden eigentlich nur als Kanonenfutter benutzen.  Die Frau hatte schon mal bewiesen, dass sie nicht sonderlich intelligent war.

„Institut? Das ist Selbstmord.“

„Nach Geld zu suchen auch“, meinte Sam. Sie brauchte zu lange zum Antworten, deshalb beschloss Sam, es für sie zu entscheiden. „Also gut, nehmt was ihr tragen könnt. In zehn Minuten bei den Kassen, dann gehen wir weiter.“ Sam ging zurück zu seinem Einkaufswagen. Während er ein Lied vor sich hin pfiff und wieder etwas in den Wagen schmiss, stieß er plötzlich gegen einen Widerstand am Boden. Er sah nach, doch vor dem Wagen war nichts. Sam hörte auf zu pfeifen, legte sich auf den Boden und sah unter das Regal. Dort lag ein kleiner Junge, der Sam mit schockierten Augen ansah.

„Wie heißt du, Kleiner?“, fragte Sam.

„Jens“, antwortete er zögerlich.

„Kennst du einen der Leute hier drin?“

Jens schüttelte den Kopf. Sam sah sich einmal um. Die Anderen schienen gerade nicht in der Nähe zu sein.

„Darf ich mitkommen?“

Sam sah wieder Jens an.

„Komm mal her.“

Er kroch unter dem Regal hervor. Kinder waren die größte Last überhaupt. Sie wollten dauernd etwas essen, waren immer müde, trauten sich nicht abzudrücken und sie weckten zu viel Empathie. In Sams letzter Gruppe mussten zwei ihr Leben lassen, weil ein Kind in Schwierigkeiten geraten war. Jeder wollte sie retten, weil sie ja ihre Zukunft waren und das ganze Leben noch vor sich hatten. Aber nicht in dieser Welt. Hier waren sie Snacks für die Monster da draußen. Nicht sattmachend und trotzdem aß man sie.

Sam ließ Jens nicht die Zeit aufzustehen. Er setzte sich mit den Knien auf seine Arme und drückte ihm die Atemwege zu. Jens begann zu kämpfen, doch er war zu schwach.

„Es tut mir leid“, murmelte Sam. Als Jens sich nicht mehr bewegte, ließ Sam ihn los und drückte ihn zurück unters Regal. Nicht mal als Kanonenfutter waren Kinder zu gebrauchen und egal wie viele Leute sich für sie opferten ... am Ende starben sie doch noch.

Sam stand wieder auf und pfiff das Lied weiter, bis er sich dann mit den anderen bei der Kasse traf und durchsah, was sie hatten.

„Eis?“, fragte er verdutzt, hielt die Packung hoch und sah Justus an. „Das schmilzt doch sofort.“ Er warf es beiseite. „Nur Obst?“ Er sah die Frau an.

„Gesunde Ernährung ist wichtig.“

„Aber nicht, wenn wir nur noch zwei Tage zu leben haben! Wir müssen kleine, lange haltbare und leichte Lebensmittel mitnehmen. Und es soll sattmachen. Obst ist da nicht schlecht, aber zehn Äpfel? Dann kannst du den Rucksack aber selber tragen, Süße!“

„Hör auf meine Frau so zu nennen!“, wand der Mann ein.

„Och, ihr seid verheiratet? Wann ist denn der Hochzeitstag?“

„Am 15. ...“, begann der Mann.

„Interessiert mich nicht!“, unterbrach Sam und sah weiter die Lebensmittel durch, während Justus sich nach ihren Namen erkundigte. Jane und Tarzan. Jedenfalls nannte Sam den Kerl Tarzan, obwohl er eigentlich Elias hieß.

Sie gingen sofort weiter, nachdem sie vier Rucksäcke vollgestopft hatten. Jeder hatte einen Liter Wasser dabei. Mehr ging nicht, sonst wurde er zu schwer und sie mussten auch noch vor den Monstern weglaufen können, wenn es zum Notfall kam, was mit viel Gewicht unmöglich war.

Das Institut war einen Marsch von zwei Tagen entfernt. Das war der Grund warum Sam ihre Lebensdauer auf so kurz geschätzt hatte. Sie waren nur zu viert, ihre Chancen, ihr Ziel zu erreichen, war also sehr gering. Gruppen von 20 Leuten hatten es nicht einmal geschafft. Kleine Gruppen hatten aber auch Vorteile. Weniger Tollpatsche und man wurde nicht so schnell bemerkt.

Sam wollte Jane schon auf dem Grundstück, bevor sie das Gebäude überhaupt betreten hatten, opfern. Er wusste nicht woran es lag, aber Frauen weinten so oft. In seiner letzten Gruppe war eine dabei gewesen, die Biss hatte. Sie war als Letzte gestorben und auch nur, weil sie kein Kanonenfutter gehabt hatte. Daraus hatte Sam gelernt. Keine Freundschaften aufbauen und so viele Leute wie möglich vorschicken.

Sollte Jane allerdings sterben, würde Tarzan aber wahrscheinlich trauern. Ihn müsste man also ins Gebäude werfen, die Tür hinter ihm schließen und ein paar Sekunden warten. Würde man ihn schreien hören, wussten sie, dass sie die Türen öffnen mussten, um ihn herauszulassen. Die Monster würden folgen und dann könnte Sam mit Justus rein, weil der Weg frei war. Wenn Elias nicht schrie, dann würden sie Tarzan weiter mit nach drinnen nehmen. Für später.

Unterwegs begegneten sie überraschend wenigen Monstern. Einmal kamen sie an eine Wiese vorbei, auf der ein paar rumstanden, wie Kühe und sinnlos in die Luft starrten, sie aber nicht attackierten. In einem Wald waren sie nicht so friedlich. Es kostete die Gruppe insgesamt zehn Kugeln und das auch nur, weil Tarzan öfter abgedrückt hatte, als nötig, was Sam so sehr ärgerte, dass er überlegte, ihn zuerst zu opfern.

Als sie das Institut endlich erreichten, blieben sie vor dem Zaun stehen. Er war bereits an einer Stelle aufgebrochen worden, weshalb sie sich keine Gedanken machen mussten, wie sie das Grundstück betreten sollten.

Wie erwartet, lungerten ein paar Monster dort herum. Hinter ihnen erstreckte sich ein großes Gebäude. Es war sieben Stockwerke hoch.

„Wie sollen wir das Institut betreten, wenn davor so viele Monster stehen?“, fragte Jane.

„Wir sollten sie erschießen.“ Tarzan packte seine Pistole aus, doch Sam legte eine Hand darauf, um ihn am Abfeuern zu hindern.

„Da drinnen sind Hunderte, wenn nicht sogar Tausende davon. Wir brauchen alle Kugeln, die wir haben. Andere Gruppen haben es auch ohne geschafft.“

„Die waren auch mehr als wir!“, warf Jane ein.

„Eben. Da haben sie sich also nicht vorbeigeschlichen. Jetzt kommt!“ Sam ging zum Loch im Zaun und stieg hindurch. Justus, Jane und Tarzan folgten ihm. „Also gut. Jane, du gehst da links vorbei, wir gehen rechts.“

„Warum?“, fragte Justus.

„Links sind weniger davon. Rechts herum, ist aber näher an der Tür. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich auf uns stürzen, ist größer, aber wir müssten es mit Glück bis zu Tür schaffen. Wenn wir allerdings alle dorthin gehen, dann werden sie zu 100% auf uns zukommen! Wenn sie aber zu Jane gehen, brauchen sie normalerweise viel zu lange, um sie zu erreichen. Fazit: Wir schaffen es alle zur Tür, wenn ihr schnell genug rennen könnt.“

„Verstanden.“ Jane ging sofort nach links, die Männer bewegten sich nach rechts. Es war nicht ganz wie Sam vorhergesagt hatte, aber das war auch seine Absicht. Die Monster liefen alle auf Jane zu.

„Los!“ Sie rannten zur Tür. Sie betraten das Gebäude noch nicht, sondern drehten sich zu Jane um. Sie konnte wirklich schnell rennen, aber nicht schnell genug. Die Monster erwischten sie.

„Nein!“ Tarzan wollte zu ihr laufen, doch Sam hielt ihn fest. „Lass mich los! Es ist alles deine schuld!“ Er wollte ihn anspucken, traf aber daneben.

„Sie war einverstanden“, erwiderte Sam tonlos. „Sie ist schuld.“ Tarzan schrie und schlug weiter um sich. Genervt öffnete Sam die Tür, warf ihn hinein und schloss sie wieder.

„Äh, Sam?“, fragte Justus. „Was ist, wenn dahinter Monster sind?“

„Dann werden wir das sehr bald erfahren.“

„Mir gefällt das nicht“, erwiderte Justus.

„Mir auch nicht.“

Wie Sam es geahnt hatte, wandelte sich das Weinen und trauernde Schreien in ein ängstliches Schreien.

„Da sind also wirklich welche“, sagte Justus. „Sollen wir die Tür wieder öffnen?“

„Nein. Die Monster müssen direkt hinter ihm sein. Er rennt raus, sie hinterher, wir rein und bevor sie folgen können, schließen wir die Tür.“ Sam erwähnte nicht, dass das ‘wir’ nur aus Justus und ihm bestand und Tarzan nicht dazugehörte.

Als Elias wie verrückt gegen die Tür trommelte und seine Schreie immer lauter wurden, öffneten sie die Tür und versteckten sich dahinter. Wie geplant, rannte Elias hinaus, die Monster hinterher, da sie die anderen hinter der Tür nicht sahen. Als alle raus waren, gingen sie hinein und schlossen die Tür hinter sich.

„Sam!“, rief Justus schockiert, als dieser etwas vor die Tür schob, damit Elias nicht wieder reinkam.

„Wir können nichts für ihn tun. Lass uns gehen.“ Gemeinsam gingen sie den langen Flur entlang. Die ersten drei Räume, die sie betraten, waren leer. Nur einige Leichen, darunter mehr Monster als Menschen, lagen herum. Die beiden erreichten die Aufzüge. Sam drückte den Knopf.

„Ist das eine gute Idee?“, fragte Justus.

„Schon einmal ein Monster in einem Aufzug gesehen?“

„Nein, aber ...“

„Schon einmal ein Monster in einem Treppenhaus gesehen?“, unterbrach Sam. Darauf antwortete Justus nichts. Natürlich waren sie öfter in Treppenhäusern, als in Aufzügen. Der Fahrstuhl kam an und mit einem ‘Bing’ öffneten sich die Türen. Sam und Justus wichen schockiert zurück, als drinnen tatsächlich ein Monster stand. Es sah sie nur an, bewegte sich aber nicht.

„Der scheint satt zu sein“, vermutete Sam. Langsam und vorsichtig betrat er den Fahrstuhl. Das Monster schaute nach vorn, an ihm vorbei.

„Sam!“, flüsterte Justus. Als Sam sich aber neben das Monster stellte und dieses noch immer nicht reagierte, betrat auch Justus zögerlich den Fahrstuhl. Sam drückte den Knopf des letzten Stockwerks. Er sah das Monster an. „Wohin?“, fragte er. Es grunzte nur. „Alles klar.“ Er drückte noch den Knopf zum zweiten Stockwerk. Er wollte das Monster dort rauslassen, damit es nicht, während sie ganz oben waren, doch noch Hunger bekam und über sie herfiel. Die Türen schlossen sich und während Sam und Justus unruhig neben dem Monster standen, zogen sie sich die nervige Fahrstuhlmusik rein. Beim zweiten Stockwerk öffneten sich die Türen wieder mit einem ‘Bing’, doch das Monster bewegte sich nicht.

„Na los.“ Sam stieß es sanft nach vorne. Er hatte Angst, es würde sich ruckartig nach ihm umdrehen und ihm den Arm abbeißen, aber nichts dergleichen geschah. Es setzte sich in Bewegung und verließ den Fahrstuhl. Kaum war es draußen, drückte Sam wie verrückt den Knopf, damit sich die Türen schlossen. „Mach schon, schneller!“ Endlich gingen die Türen zu. Erleichtert atmete er aus, als der Fahrstuhl sich wieder in Bewegung setzte.

„Das war seltsam“, sagte Justus, der vor Angst noch ganz blass im Gesicht war. Sam nickte zustimmend. Endlich erreichten sie das letzte Stockwerk. Die Türen öffneten sich und sofort sahen sie unzählige Monster. Sam drückte wieder schockiert den Knopf um die Tür zu schließen. Sie tat es auch, aber der Fahrstuhl blieb weiterhin stehen.

„Und jetzt?“, fragte Justus.

„Ducken! Wir schleichen uns vorbei!“

„Hast du gesehen, wie viele das sind?“, rief Justus schockiert aus. Sam sah ihn nachdenklich an. Da drückte er den Knopf, um die Türen wieder zu öffnen. Aus Reflex und vor Schock duckte Justus sich doch noch.

Im ganzen Raum standen Tische herum und am Ende des Zimmers waren die zehn Maschinen. Sie waren mannsgroß und hatten die Form eines Zylinders. Man konnte nicht hineinsehen, aber ein Lichtstrahl fiel aus jeder einzelnen von denen, der langsam von unten nach oben fuhr. Wenn der Lichtstrahl oben ankam, öffnete sich der Zylinder und ein Monster torkelte hinaus.

Sam stellte sich in den Raum. Einige sahen zu ihm, aber keines griff ihn an. Justus trat dann ebenfalls aus dem Fahrstuhl.

„Haben die gerade eben Weihnachten gefeiert, oder warum attackieren die uns nicht?“, fragte Justus.

„Vielleicht war vor Kurzem eine Gruppe hier und sie haben die gegessen“, überlegte Sam. Er ging langsam und vorsichtig an allen Monstern vorbei, zu den Maschinen und stoppte eine nach der anderen. „Oder“, begann er, „sie greifen nicht an, weil sie es befohlen bekamen.“

„Was heißt das?“, fragte Justus. Sam drehte sich zu ihm, als er die letzte Maschine ausgeschaltet hatte. Er sah ihn ein paar Sekunden lang an und ging dann, dieses Mal ohne Vorsicht, zu einem der Tische und nahm eine kleine Karte von dort. Er brachte sie Justus. Es war der Ausweis eines Mitarbeiters. Sam Kohle. Ein Bild von Sam war neben dem Namen.

„Du bist Mitarbeiter hiervon“, verstand Justus. „Du bist mit dafür verantwortlich, dass das alles überhaupt passiert ist!“ Er war lauter geworden, schrie aber nicht. Dazu hatte er zu viel Angst vor den Monstern, die ruhig an ihnen vorbeizogen und sie nicht beachteten.

„Nein, ich bin ganz allein dafür verantwortlich. Ich habe die Maschinen absichtlich über Nacht laufen gelassen. Ich war es auch, der dafür sorgte, dass aus dem Experiment mutierte Menschen herauskamen. Sie greifen mich nur an, wenn ich es befehle. Ich habe sie auf Jane gehetzt. Ich habe dafür gesorgt, dass sie uns vor der Tür ignorierten, als sie Elias hinterherliefen. Ich war es, der das Monster im Fahrstuhl davon abgehalten hat, uns anzugreifen und ich bin es jetzt eben, der dafür sorgt, dass du noch lebst!“

„Was soll das?“ Justus war verwirrt. „Warum tust du das?“

„Die Menschen haben die Welt ruiniert. Ich habe also meine eigene Armee erschaffen, um sie zu vernichten. Sobald nur noch wenige 100 übrig sind, rotte ich die Monster mit dem Gas aus und erschaffe eine neue Welt mit neuen Regeln und neuen Gesetzen.“

„Du bist verrückt!“ Justus wich zurück.

„Das mag sein.“ Sam ging durch die Reihen der Monster. „Du hast die Wahl. Willst du in der neuen Welt leben oder in der alten sterben?“ Er sah wieder Justus an.

„Du kannst mich mal!“, presste dieser hervor.

„Also gut.“ Sam sah wieder nach vorn. „Tötet ihn.“ Sofort warfen sich die Monster auf Justus. Sam nahm das Gas heraus. Er betrachtete es, bis der letzte Schrei von Justus verstummte. Dann lächelte er. „Zeit noch die anderen paar Millionen zu finden.“

 




Envoyé: 22:13 Wed, 7 March 2018 par: Rollinger Caroline