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Hägele Finja

Wir sind Menschen



Wir sind Menschen

Wir sind allein.
Oh ja, wir sind allein.
Und trotzdem fällt es keinem auf.
Wir sind die Masse,
Die Terroristen,
Die Unerwünschten.
Die, vor denen sich die Kinder in Acht nehmen sollen.
Die Menge, die keine Regeln kennt.
Die Flüchtlinge.
Doch wüsstet ihr nur…


Wir sind nicht die, die keine Gefühle kennen,
Doch wir sind die, die keine Kraft mehr aufbringen,
Keine Kraft und keinen Mut mehr,
Um unsere Gefühle zu zeigen.
Denn was bringt das denn, wenn in der Erinnerung die Bomben fallen.
Und das Chaos uns das Herz zerreißt.
Hier in dieser Gruppe geht es nicht mehr ums Leben.
Wir sind alle einzelne Kämpfer, kämpfen ums Überleben.


Das Schicksal hat einigen von uns viel abverlangt.
Da ist zum Beispiel diese Frau, die den Mann vom Flüchtlingsboot gestoßen hat.
„Mörderin“ denkt ihr euch jetzt,
Und vielleicht habt ihr ja recht,
Ohne dabei auch nur zu wissen, dass sie ihre Kinder verloren hat.
Denn der Mann hat ihre liebsten und kostbarsten Schätze, ihre Kinder,
für die sie gekämpft hat, von Bord gestoßen.
Und dabei hat das Schicksal ihr ihren größten Schatz geraubt.
Die Kinder gingen unter.
Denn sie konnten ja nicht schwimmen.
Und werden es auch nie gelernt haben.
Denn sie mussten ihre Kindheit in Bunkern verbringen.
Ja, so schnell teilt ihr es ein,
Das Gute und das Böse.
Doch kennt ihr sie auch, die guten Geschichten der Bösen?
Oder die bösen Geschichten der Guten?
Oder seht ihr nur was ihr wollt?
Und wir, diese Mehrheit,
Wir sind das Böse.


Wir sind allein.
Oh ja, wir sind allein.
Und trotzdem fällt es keinem auf.
Wir sind die Masse,
Die Terroristen,
Die Unerwünschten.
Die, vor denen sich die Kinder in Acht nehmen sollen.
Die Menge, die keine Regeln kennt.
Die Flüchtlinge.
Doch wüsstet ihr nur…


Da gibt es diesen Jungen, der einsam in der Ecke sitzt.
„Nichtsnutz“ denkt ihr euch jetzt, und vielleicht habt ihr ja recht.
Denn ihr seht diesen Jungen einsam in der Ecke sitzen.
Doch ihr seht sie nicht, die Bilder in seinen Erinnerungen,
Ihr spürt sie nicht, seine Angst,
Begleiter tags und nachts.
Ihr seht sie nicht, die Bomben;
Die Mutter, die schreit: „Schütz dich in der Ecke!“;
Den Vater, der nur noch stöhnt;
Die Schwester, die sich nicht mehr regt.
Nein, ihr seht nur den Nichtsnutz,
Ihr seht die Masse,
Die Terroristen,
Die Unerwünschten,
Die, vor denen sich die Kinder in Acht nehmen sollen.
Die Flüchtlinge.


Und da ist dieses kleine Mädchen, das vor Augen hunderter Reporter ins Wasser fällt.
„Einer weniger ändert nichts!“
Denkt ihr euch jetzt,
Und vielleicht habt ihr auch recht.
Doch ihr denkt nicht mal dran, wie brutal die Welt ist.
Keiner half ihm, dem kleinen Mädchen,
Das doch so kurz vor dem Ziel starb.
Ins Boot gesetzt von der eigenen Mutter, bevor die Bombe dieses erwischte.
Denn es konnte ja nicht laufen.
Und wird es niemals gekonnt haben.
Denn die Beine wurden ihm gebrochen, als der Bunker einstürzte.
Und oh, ihr hättet es retten können.
Doch es ist nur eine weitere Reduktion,
Der Masse,
Der Terroristen,
Der Unerwünschten
Von denen, vor denen sich die Kinder in Acht nehmen sollen.
Der Flüchtlinge.
Doch wüsstet ihr nur,


                 Oder wollt ihr es gar nicht wissen?

 




Envoyé: 12:57 Sat, 2 February 2019 par: Hägele Finja