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Wolter Sandra

Grün



Adern-ähnlich verlaufende Linien. Schließen das Licht ein, lassen es nicht durchdringen. Wie ein Schleier über den Baumkronen, den Dächern und Bergspitzen oder dem Vulkankrater. Die Natur doch so grau und unbetont farblos. Blätter schwimmen in der Luft, lassen sich vom Wind tragen. Schwerelos schwebend. Vögel ergänzen gegenseitig ihren Gesang. Rufen das Licht, das sich durch den Schleier kämpft, verkrampft. Die Strahlen möchten sich überall niederlassen, alles mit Licht erfüllen. Blätter scheinen geröntgt. Ihre Adern pulsieren dunkelgrün in der Sonne. Unbeeindruckt und wie verankert tragen die Stämme diese grünen Wunder. Ihre Schönheit ignorierend. Die Fassaden der Häuser scheinen zu glühen und aufzublühen, wie eine Blüte in den Morgenstunden. Die Stimmung der Antlitze verändert sich schlagartig. Gutmütig und motiviert und doch leer und aufgesetzt. Aufgesetzte Freundlichkeit und gespielte Höflichkeit.

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Durcheinanderlaufende Menschenmengen bilden Ameisenhaufen. Sie transportieren ihre Aktentaschen oder führen ihre Handtaschen aus. Hektisch unorganisiert kriechen sie stresserfüllt über den verschwommenen Boden. Hitze verwandelt die Luft in Wellen die es zu durchkämmen gilt. Sie sind feucht und unangenehm hoch. Tsunamis. Von Smog und Verschmutzung begleitet. Das Atmen fällt schwer, so ganz unter Wasser. Hinzu kommt der Menschengeruch. Schweiß, durchdringender Atem, Parfum. Alles zu einer starken Brise vermischt. Sie hinterlässt einen bitteren Geschmack auf den Lippen gefolgt von schwereloser Unordnung. Nicht einmal Zeit sich gegenseitig anzuschauen geschweige denn zu grüßen. Mit ihren Fühlern tasten sie sich immer nur vorwärts, die anderen Insekten keines Blickes würdigend, immer weiter dem Strom folgend.

 




Envoyé: 14:59 Thu, 31 January 2019 par: Wolter Sandra