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Lang Laetitia

132 Sommersprossen



Es ist warm. Der Duft von Regen liegt in der Luft und Dampf steigt auf, so wie er nur in diesen Gewittersommernächten aufsteigen kann. Wenn kühle Regentropfen den heißen Asphalt küssen und dann miteinander agieren so dass etwas Neues entsteht. Du schaust mir in die Augen, lächelst und wir gehen. In die Dunkelheit dieses lauwarmen Sommertags. Du küsst mich, nimmst meine Hand. Schritt für Schritt Richtung 15. Bezirk. Türen werden aufgeschlossen, Wasser läuft in farblose Gläser. Lampen werden angeschaltet und dann doch wieder ausgeknipst, lieber Kerzenschein da sieht man die Gesichter nicht. T-Shirts  werden nach oben geschoben, Hosen nach unten gezogen und Kondome übergezogen. Hände die über Körper gleiten, über Gesichter fahren und Haare berühren. Wind weht durchs Fenster, tanzt mit den weißen Vorhängen. Du liegst da den Kopf verborgen in Kissen mit Mondschein und 132 Sommersprossen. Die deine Schultern schmücken, in unterschiedlichen Formen und Größen und sich dann verlaufen auf deinem Rücken. Es ist nur ein Spiel, unbedeutend und wir sind die Akteure. Das Bühnenbild perfekt, romantisch. Vorhänge und Kerzen tanzen im gleichen Takt, die ersten Sonnenstrahlen beleuchten den Spielplatz vergangener Nacht. Doch ich würde gerne aufstehen, mich anziehen und weglaufen. Laufen in die ersten Sonnenstrahlen, die kühle Morgenluft spüren und dann abtauchen und schreien. Doch ich bleibe. Wie gekettet an die Matratze und unter Decken. Ich schau dich an, wie du schlafend daliegst und leise schnarchst und 132 Sommersprossen. Die ich mit meinen Fingern langsam zu einem Muster verwebe. Wir passen nicht zusammen. Weder äußerlich noch innerlich. Es sind keine Gefühle im Spiel, ich weiß es, doch fällts mir schwer es zu begreifen, denn du warst doch so nett. So zuvorkommend, hast mich noch zugedeckt und deine Hand lag auf meiner Schulter. Aber ich kann das nicht, ich bin nicht gemacht, für diese Momente einer Nacht. Ich kenne mich nicht aus. Soll ich aufstehen und weggehen, dich aufwecken und ansehen, dir etwas schreiben und wenn ja was, vielleicht einfach nur Tschüss. Wer schließt die Tür, wenn ich einfach so geh. Dann höre ich diese Stimme, leise und zart mit dem Namen Hoffnung, die mich fragt, was wenn du mich doch magst?

Denn ich mag dich. Sehr. Diese Verliebtheit, die sich einfach so ohne Vorwarnung anbahnt, deinen Körper einnimmt und sich vor in deinen Geist dringt. Es macht dich so verletzlich, so unglaublich dumm und kontrolllos. Ich hasse es. Dieses hilflose Geschöpf zu sein. Und es macht mich so fertig, diese Unehrlichkeit. Diese Inkohärenz, zwischen Gesagtem und Getue. Du bist dieser Spieler, ein Momentsammler. Gut erzogen. Der noch Tee anbietet und Wörter sagt, die nicht so gemeint sind. Alles, für diesen perfekten Bilderbuch-Moment. Doch ich lerne schnell und bin gewohnt mich anzupassen an diese Gesellschaft, deren Haut mir nicht ganz passt. Die mir zu eng ist und an den Schultern kratzt, weil es so viele Dinge zu beachten gibt und es ständig wechselt und niemand mehr ehrlich ist.

 




Envoyé: 11:28 Fri, 7 February 2020 par: Lang Laetitia