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Sinnes Jil

Engelsherz



Es war einmal ein Mädchen namens Crystal mit wunderschönen langen blonden Haaren. Sie hatte einen zierlichen Körper, den sie unter zu großen Klamotten versteckte. Sie wollte nicht, dass man ihren Körper sieht. Denn sie war fast bis auf die Knochen abgemagert. Sie war sehr dünn. Warum? Sie war arm. Sehr arm. Ihr Geld reichte für eine Matratze, eine Decke und ab und zu etwas zu essen. Sie wurde vor langer Zeit von ihrer Familie verstoßen, weil sie sich nicht mehr um sie kümmern konnten.
  Nun lebte sie im Keller eines verlassen Hauses, allein.
In ihrem Leben hat sie nie Liebe bekommen. Ihre Familie mieden sie, die Leute auf der Straße warfen ihr komische Blicke zu und ignorierten sie. Crystal hatte nie Wärme gefühlt, egal wie heiß es draußen war. Ihr Herz war immer kalt, unberührt von Liebe. Dabei wünschte sie sich nichts mehr als Liebe. Ein Kuss auf die Stirn, ein ‘ich habe dich lieb’ oder auch nur ein Lächeln. Doch nichts davon hatte sie jemals bekommen. Sie lebte allein im kalten Keller und fragte sich warum sie nie Liebe bekam. Denn sie sah sie jeden Tag. Sie sah kleine Kinder auf den Straßen spielen die sich anlachten. Sie sah Jugendliche in ihrem Alter die sich zum ersten Mal verliebten. Sie sah Studenten die morgens in Cafés saßen und fröhlich miteinander redeten. Sie sah Erwachsene die Hand in Hand durch die Stadt liefen oder im Park einen Kinderwagen vor sich herschoben. Sie sah alte Ehepärchen die auf einer Bank saßen und an ihr langes, glückliches Leben zurückdachten. Sie sah Liebe überall. Manchmal war es Mutterliebe, Geschwisterliebe, freundschaftliche Liebe oder richtige Liebe.
  Crystal war oft traurig, aber sie lernte ohne Liebe zu leben. In den kalten, tristen Nächten schlang sie ihre Arme um ihren dünnen und zerbrechlichen Körper und weinte stumm.
  Eines Tages, als sie morgens aufwachte, verspürte sie ein seltsames Kribbeln auf ihrem Rücken. Sie betastete ihre Schulterblätter, doch sie spürte nichts. Sie kratzte sich am Rücken, doch das Kribbeln verschwand nicht. Sie versuchte es zu ignorieren und trat raus ins Freie.
  Sie hatte einen großen Pulli an und verbarg ihr Gesicht unter der Kapuze. Sie wollte nicht erkannt werden. Die Leute, die an ihr vorbei liefen machten einen großen Bogen um sie und tuschelten hinter ihren Händen. Kleine Kinder fragten ihre Mütter, warum sie dem Mädchen immer aus dem Weg gingen. Die Antworten waren immer die Gleichen. Das Mädchen, Crystal, habe kein Zuhause, kein Geld, ‘sei schmutzig, wolle nur die Leute bestehlen und sei kein guter Umgang für sie. Die Kinder glaubten ihren Müttern sofort, rümpften die Nase und machten auch einen großen Bogen um Crystal.
  Crystal ging gerne in den Park. Der Wind wehte durch die Bäume und kleine Kinder spielten fangen. Crystal setzte sich ins Gras und schaute den Kindern zu. Manchmal, wenn sie Kindern beim Spielen zusah, konnte auch Crystal mal lächeln. Es machte ihr Spaß zuzuschauen, wie sie durch das Gras rannten und lachend einander jagten. Das Kribbeln auf ihrem Rücken hatte sie schon fast vergessen, als sie anfing aus den Blumen, die um sie herum wuchsen einen Blumenkranz zu machen. Es waren Gänseblümchen und ihre dünnen Finger arbeiteten schnell.
  “Das ist aber schön.”, ertönte plötzlich die piepsige Stimme eines Mädchens. Crystal schaute auf und sah vor ihr ein kleines Mädchen stehen. Sie hatte genauso schöne lange Haare wie Crystal und strahlend blaue Augen. Ein kleines Lächeln schlich sich auf Crystal’s Lippen. Sie hielt den Kranz hoch und fragte: “Willst du ihn?”
Das Mädchen nickte begeistert und setzte sich auf den Boden. Crystal fügte noch eine Blume zu dem Kranz hinzu und setzte in dann dem Mädchen auf. Das kleine Mädchen fing an zu strahlen und bedankte sich bei Crystal. Crystal fand, dass sie entzückend mit dem Blumenkranz aussah. Crystal nahm weitere Blumen und fing wieder an einen Kranz zu machen. Das Mädchen half ihr und reichte ihr die Blumen. Während sie zusammen an einem Blumenkranz für Crystal arbeiteten erfuhr Crystal, dass das Mädchen Diana hieß.
  Als sie fertig waren strich Crystal ihre Kapuze ab und setzte sich lächelnd den Kranz auf. Diana’s Augen weiteten sich und sie schaute Crystal bewundernd an.
“Du siehst aus wie ein Engel.”, flüsterte sie und Crystal musste lächeln. Das war das netteste was jemals jemand zu ihr gesagt hatte. “Und du siehst aus wie eine Prinzessin.”
  Doch plötzlich erschien Dianas Mutter und zerrte die Kleine auf ihre Füße. “Komm wir gehen.”, sagte die Frau knapp. Diana wehrte sich. Sie wollte bei Crystal bleiben. Doch das Einzige was die Frau sagte, während sie die unglückliche Diana hinter sich herzog, war: “Mit solchen Leuten spricht man nicht.” Crystal schaute den Beiden traurig hinterher. Das schöne Gefühl in ihr verschwand.
Später am Abend hängte Crystal den Blumenkranz am kaputten Spiegel in der Ecke auf, als Erinnerung an den schönsten Nachmittag in ihrem Leben. Sie schlief zum ersten Mal mit einem kleinen Lächeln auf ihren Lippen ein.
Am nächsten Morgen wurde sie von einem unheimlichen Jucken auf ihrem Rücken geweckt. Sie kratzte sich, doch es verschwand nicht. Sie stellte sich mit dem Rücken zum Spiegel und verrenkte sich den Hals, um einen Blick auf ihren Rücken werfen zu können. Doch das Einzige was sie sah waren ihre Kratzspuren und die leicht rötliche Haut, die schon fast leuchtete im Gegensatz zu ihrer fast weißen Haut. Das Jucken machte ihr Sorgen und sie verbrachte fast den ganzen Tag damit, sich zu kratzen und sich zu fragen woher es kam.
In dieser Nacht schlief sie kaum. Sie wälzte sich hin und her, fand keine bequeme Position zum Schlafen. Irgendwann fiel sie endlich in einen unruhigen Schlaf, der jedoch nicht lange anhielt.
  Das schreckliche und erbarmungslose Jucken das über Nacht schlimmer wurde, weckte sie wieder. Das Jucken triebt ihr schon fast Tränen in die Augen und unter ihren Fingern spürte sie die wunde und zerkratzte Haut ihres Rückens. Crystal war verzweifelt. Das Jucken machte ihr Angst. Als sie ihre Schulterblätter kratzte, stieß ihr Zeigefinger plötzlich auf einen kleinen Hubbel.
  Verwundert betastete sie diesen seltsamen Hubbel auf ihrer Haut. Er war gerade so groß, dass sie ihn mit den Nägeln ihrer Finger packen konnte. Vorsichtig zog sie am Hubbel und verzog ihr Gesicht wegen den Schmerzen. Langsam zog sie es heraus. Sie hielt sich das Etwas vor ihr Gesicht und staunte nicht schlecht, als sie sah was sie sich aus dem Rücken gezogen hatte.
Eine schneeweiße Feder.
  An einigen Stellen war sie Blutbefleckt und Crystal betrachtete die Feder ehrfürchtig und wunderte sich wie sie diese aus ihrem Rücken ziehen konnte. Das Jucken verschwand nicht und während sie die Feder betrachtete, wurde es nur noch schlimmer.
Die darauf folgenden Tage waren die Hölle für Crystal. Das Jucken tat zwar nicht wirklich weh, aber da es nicht verschwand, machte es Crystal fast verrückt. Es vernebelte ihre Sinne und sie konnte nicht anders tun, als sich wie eine Besessene zu kratzen. Sie zog noch weitere Federn aus ihren Schulterblättern heraus. Crystal hatte Angst, denn sie wusste nicht was das zu bedeuten hatte. Sie traute sich nicht mehr aus dem Keller raus, da sie einfach nur Angst hatte die Kontrolle zu verlieren.
Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt war ihren wunden Rücken zu kratzen, dachte sie an die kleine Diana und schaute auf den bereits verwelkten Blumenkranz am Spiegel. Dieses Mädchen war wie ein kleines Wunder in ihrem Leben gewesen. Sie war die Erste gewesen die ihr Liebe geschenkt hatte und das würde Crystal niemals vergessen.
  Eines Abends bereitete sich Crystal auf eine weiter schlaflose Nacht vor. Doch dieses Mal, als sie sich hinlegte und an die kahle Wand gegenüber von ihr schaute, schlief sie fast sofort ein. Sie träumte seltsames und konnte sich hinterher nicht daran erinnern was sie geträumt hatte.
  Das Erste was ihr am nächsten Morgen auffiel war, dass das Jucken einem leichten kribbeln gewichen war. Sie setzte sich auf und streckte sich. Obwohl sie das Gefühl hatte sie könnte noch Tage weiterschlafen, merkte sie, dass es ihren Knochen gut getan hatte mal wieder richtig zu schlafen. Das nächste was sie tat, nachdem sie sich ausgiebig gestreckt hatte, war ihren Rücken zu betasten. Sobald ihre Finger ihren Rücken berührten zuckten sie sofort weg.
  Was war das?
Crystal zog sich das Shirt über den Kopf und betastete mit großen Augen ihren Rücken noch mal um sich sicher zu sein, dass sie wirklich ihre Haut berührt hatte. Da war es wieder! Anstatt über geschwollene und aufgekratzte Haut zu streichen, strichen ihre Fingerkuppen über etwas weiches. Wie ein weicher Teppich oder… Federn. Crystal schlug sich beide Hände vor den Mund. Sie spürte wie sich ihr Herzschlag verschnellerte und die Panik in ihr hochkroch. Sie hob ihr Kissen hoch und nahm eine der Federn, die sie gesäubert hatte in die Hand und strich über sie. Dann strich sie wieder von oben nach unten ihre Schulterblätter entlang. Was auch immer auf ihrem Rücken war, es fühlte sich genauso an wie die Feder, die sie in der Hand hielt. Sie stand auf und taumelte vor den Spiegel, um sich ihren Rücken genauer anzuschauen. Als sie ihren Rücken sah weiteten sich ihre Augen. Dort wo ihre Schulterblätter waren, waren die Spitzen von weißen Federn zu sehen. Es sah seltsam aus. Crystal stand eine Weile vor dem Spiegel und schaute sich einfach ihre Schulterblätter an.
  In ihrem Körper spielten sich die unterschiedlichsten Gefühle ab. Angst, Ehrfurcht, Verwirrung, Staunen. Aber vor allem Neugierde. Was war das? Was wuchs da aus ihrem Rücken?
  Den Rest des Tages saß Crystal auf ihrer Matratze, schaute in den Spiegel und fragte sich was mit ihr passierte. Sie kaute nervös an ihren Nägeln und spielte mit ihren Haaren rum.
  In dieser Nacht war sie zu nervös, um einzuschlafen. Sie schritt im Keller auf und ab und summte vor sich hin. Irgendwann spürte sie, wie sie müde wurde. Sie legte sich hin, war sich aber sicher, dass sie vor Aufregung bestimmt nicht einschlafen kann. Doch sie schlief ein. Wieder träumte sie wirres Zeug.
  Als sie am nächsten Morgen aufwachte, merkte sie sofort, dass etwas anders war. Sie richtete sich auf und spürte ein seltsames Gewicht auf ihrem Rücken. Es war nicht wirklich schwer, aber sie bemerkte es. Sie drehte sich um und schaute in den Spiegel.
  Ihr Atem stockte und sie riss erschrocken ihre Augen auf. Das was sie von vorne sehen konnte, war atemberaubend. Zwei kleine Flügel wuchsen aus ihren Schulterblättern. Sie drehte sich um und verengte sich ihren Hals, um ihren Rücken sehen zu können. Da! Die Flügel wuchsen aus ihren Schulterblättern, als wären sie direkt an ihre Knochen gewachsen. Sie waren nicht sonderlich groß, gerade mal die Hälfte von ihrem Rücken. Sie waren wunderschön. Bewundernd strich sie sich über die schneeweißen Federn und staunte. Das war unmöglich. Das war einfach unmöglich.
  Crystal wuchsen Flügel.
Über die nächsten zwei Nächte wuchsen sie weiter bis sie so groß wie ihr ganzer Rücken waren. Dann wuchsen sie nicht mehr. Eine Frage nagte jedoch immer noch an ihr: Warum? Und wie? Doch darauf hatte sie keine Antwort. Sie hatte Angst raus zu gehen und vor die Menschen zu treten. Die Flügel würden bloß ein weiterer Anlass sein, über sie zu reden und das wollte sie nicht. Außerdem wollte sie erst selber mit ihren Flügeln zurechtkommen.
  Crystal tat nicht viel, denn sie wusste nicht was sie tun sollte. Sie saß vor ihrem Spiegel und fragte sich was das alles zu bedeuten hatte. Irgendwann fiel ihr Blick auf den verwelkten Blumenkranz, der am Spiegel hing.
 “Du siehst aus wie ein Engel.” Crystal hört die zarte Stimme von Diana, als würde sie direkt vor ihr stehen.
 Die Erinnerungen überschwappten sie wie ein Welle und Crystal musste lächeln. Sie stand auf und nahm den Blumenkranz in ihre Hände.
  Sobald sie ihn in ihren Händen hielt geschah etwas Eigenartiges. Der Blumenkranz leuchtete leicht auf und es war als würden die verwelkten Blumen zum Leben erwachen. Die Farbe kehrte zurück und die toten Blumen öffneten sich in Zeitraffer. Nach wenigen Sekunden hielt die erstaunte Crystal keinen verwelkten Blumenkranz, sondern einen lebendigen und wunderschönen Kranz in ihren Händen.
Es verschlug Crystal die Sprache. Wie ist das möglich?
  Sie drehte sich zum Spiegel und setzte sich den Blumenkranz auf. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen als sie ihr Spiegelbild betrachtete. Diana hatte recht. Sie sah wirklich aus wie ein Engel. Jetzt da sie die Flügel hatte.
  Ein plötzlicher Geistesblitz durchzuckte sie und sie hechtete zurück zu ihrem Bett. Sie hob das Kissen an und legte die vielen Federn frei, die sie sich aus ihrem Rücken gezogen hatte. Vorsichtig nahm sie eine Feder in die Hand. Mit offenem Mund schaute sie zu wie auch die Feder aufleuchtete. Sie spürte wie die Feder sich in ihrem Griff verhärtete und wuchs. Nach wenigen Sekunden erstarb das Leuchten und sie hielt einen Bogen in der Hand. Ein überraschter Laut entwich ihren Lippen. Sie betrachtete ihn nicht lang, sondern griff sofort nach einer weiteren Feder. Auch diese leuchtete auf und sie spürte wieder wie sie in ihrer Hand wuchs. Als das Leuchten wieder erstarb hielt sie einen Pfeil in der Hand. Ehrfürchtig betrachtete sie den Pfeil. An der Spitze war Metall, das richtig spitz aussah. Sprachlos schaute sie vom Bogen zum Pfeil, vom Pfeil zu den anderen Federn und wieder zurück.
Und dann traf sie die Erkenntnis wie ein Schlag.
  Ohne nachzudenken schnappte sie sich die anderen Federn, steckte sie in ihre Jackentasche und trat hinaus ins Freie. Den Bogen hatte sie sich um ihre Schultern gelegt.
  Das Erste was ihr auffiel, als sie durch die Straßen lief, waren die Blicke der anderen Menschen. Sie waren nicht mehr abfällig, sondern ehrfürchtig und voller Bewunderung. Sie hatten so jemanden wie Crystal noch nie gesehen.
  Während Crystal durch die Straßen lief, wusste sie einfach was sie tun musste. Es war als hätte sie es schon immer gewusst.
 Irgendwann sah sie zwei Jugendliche vor sich laufen. Ein Junge und ein Mädchen die miteinander lachten. Ein Gefühl von Wärme erfasst sie und sie spürte, dass das Mädchen in den Jungen verleibt war. Sie spürte aber auch, dass der Junge davon keine Ahnung hatte. Sie spürte die Wärme vom Mädchen, aber es fehlte etwas. Die Wärme vom Jungen. Crystal wusste genau was sie tun musste. Sie nahm ihren Bogen und legte den einen Pfeil ein. Sie blieb stehen und spannte den Bogen. Sie schloss ein Auge, um besser zielen zu können und zielte auf den Rücken vom Jungen. Sie holte tief Luft und ließ los. Der Pfeil surrte durch die Luft und traf den Jungen mitten im Rücken. Crystal wusste was als nächstes passieren würde und war trotzdem überrascht. Sobald der Pfeil den Jungen traf explodierte der Pfeil, in dem Licht aus dem er entstanden war. Das Licht war wie kleine leuchtende Staubpartikel, die auseinander stoben und verblassten. Der Junge war nicht verwundet, im Gegenteil. Er drehte sich zum Mädchen um, nahm ihr Gesicht in ihre Hände und küsste sie. Crystal spürte nun auch die Wärme vom Jungen in sich. Es war ein tolles Gefühl. Sie hatte soeben dem Jungen Liebe gegeben, damit er das Mädchen lieben kann.
  Die Wärme in Crystal hielt nicht lang an, aber trotzdem war Crystal glücklich. Sie hatte geholfen, denn sie wusste wie es war nicht geliebt zu werden. Crystal ging weiter und schon bald hatte sich die ganze Nachricht über Crystal in der Stadt verbreitet. Ein Engel lebte in der Stadt.
  Wenn Menschen sie sahen blieben sie stehen und bewunderten sie. Es war als würden die Menschen für ein paar Sekunden vergessen wie ihre Körper funktionieren, zu gebannt waren sie von ihrem Anblick.
  Crystal kehrte bald zurück in ihren Keller und dachte lang nach. Sie wusste wozu sie fähig war und so sehr sie sich auch wunderte wie und warum das passierte, dachte sie mehr darüber nach was sie jetzt alles tun könnte. Sie legte den Bogen neben den Spiegel und legte sich in ihr Bett. Sie war aufgeregt was der morgige Tag alles bringen würde und schlief schon bald ein.
  Direkt nachdem sie wach war ging sie hinaus. Sie wollte unbedingt diese Wärme noch einmal spüren. Im Stadtzentrum war viel los und sie schaute sich aufmerksam um. Die Blicke der Leute bemerkte sie natürlich, aber sie ließ sich nichts anmerken. Ab und zu begrüßten sie kleine Kinder die ihre Flügel anfassen wollten. Crystal kniete sich dann hin und schaute lächelnd zu wie die kleinen Kinder, entzückt ihre Flügel streichelten.
  Irgendwann sah sie aus dem Augenwinkel ein Pärchen an einem Tisch auf der Terrasse eines Café’s sitzen. Sie entschuldigte sich bei den Kindern und richtete sich auf.
Sie spürte von beiden die Wärme in sich, aber nicht so stark wie am Tag davor. Die Wärme vom Mädchen war nicht so stark wie die vom Jungen.
  Crystal legte ihren Kopf schief. Das Pärchen sprach nicht miteinander, sondern schauten wütend in die entgegengesetzte Richtung. Sie sah sie Besorgnis in den Augen des Jungen und sie bemerkte, dass sie einen Streit hatten. Einen ziemlich heftigen.
Crystal griff in ihre Tasche und zog eine Feder heraus. Als sie den Bogen spannte, hatte sich die Feder bereits in einen Pfeil verwandelt.   Die Leute um ihr herum schnappten erschrocken nach Luft und schauten zu wie der Pfeil auf die Brust des Mädchen zuflog. Sobald der Pfeil ihre Brust berührte, explodierte er wieder in die Lichtpartikel. Die kleine Explosion gab kein Geräusch von sich. Weder das Mädchen noch der Junge hatten etwas davon mitbekommen. Nur die anderen. Die Augen das Mädchens weiteten sich und sie schaute zum Jungen rüber. Sie entschuldigte sich bei ihm und warf sich um seinen Hals. Der Junge war überrascht aber glücklich.
Nun spürte Crystal die Wärme von beiden so stark wie die Wärme am Tag davor. Glücklich, dass sie wieder geholfen hatte, ging Crystal davon. Sie ging nicht weit da war die Wärme wieder weg.
  Aber es machte ihr nichts aus. Sie hatte geholfen und hatte Spaß dabei und das war alles was zählte.
  Die Nachricht, dass Crystal Menschen Liebe geben konnte, verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt. Die Menschen waren aufgeregt und wollten unbedingt Liebe bekommen. Das Crystal vor wenigen Tagen ein Niemand war, jemand mit dem man nicht sprach, war unwichtig.
  Doch Crystal war vorsichtig. Sie wollte nur den Menschen Liebe geben, die es verdienten und bei denen sie sah, dass sie sie brauchten.
  Sie konnte es kaum erwarten morgens aufzuwachen und raus zu gehen. Es war ein unglaubliches Gefühl zu helfen.
  Als sie eines Tages im Park war hörte sie hinter sich Diana’s Stimme.
 “Crystal!”, rief die Kleine und Crystal drehte sich um.
 Dianas Gesicht erhellte sich und sie sprang in Crystals Arme. “Ich habe dich vermisst.”, murmelte sie in Crystals Haare und Crystal musste lächeln.
  Sie setzte Diana wieder ab und kniete sich vor sie hin. Als Diana sah, dass Crystal den Blumenkranz auf hatte, fing sie an zu strahlen.
  “Du hast ihn noch.”, sagt sie und deutete auf Crystal’s Haare.
Crystal nickte. Diana kramte ihren verwelkten Kranz aus ihrer Tasche und hielt ihn hoch. “Meiner ist schon verwelkt.”, sagte sie traurig.
Als Crystal sah, dass sie den Kranz noch hatte, erwärmte sich ihr Herz.
“Pass auf.”, flüsterte Crystal und legte beide Hände auf den Kranz, den Diana noch in ihren Händen hatte. Das Licht leuchtete durch ihre Finger hindurch und als Crystal ihre Hände wieder entfernte, war der Blumenkranz nicht länger verwelkt. Diana schrie entzückt auf und sprang auf und ab. Sie warf sich wieder um Crystal’s Hals und bedankte sich mehrmals. Crystal lachte leise und drückte die Kleine fest an sich.
  Als sich Diana wieder von ihr löste, setzte sie sich glücklich den Kranz auf ihren Kopf.
 “Jetzt siehst du auch aus wie ein Engel.”, sagte Crystal und Diana nickte. Crystal nahm die kleinen Hände von Diana in ihre und schaute ihr tief in die Augen. “Danke für diesen schönen Nachmittag damals, Diana. Du bist etwas ganz besonderes und ich bin unglaublich glücklich, dass ich dich kennenlernen durfte. Danke.”, sagte sie und hauchte Diana einen Kuss auf ihre Stirn.
Diana kicherte leise und lief rot an. “Du bist auch etwas ganz besonderes Crystal. Auch ohne Flügel.”, sagte die Kleine und umarmte Crystal wieder.
  Diana’s Worte berührten Crystal und sie strich sich unauffällig eine einzelne Träne weg, die aus ihrem Auge gekullert war weg.
Die Wärme, die sie nun in sich spürte, war eine andere Wärme als die die sie spürte wenn sie jemandem Liebe gab. Sie ging in ihr Herz und fühlte sich echter an. Sie wollte diese Wärme einfangen und für immer fühlen.
Als Diana wieder gehen musste, ging Crystal mit einem Lächeln auf dem Gesicht weiter.
Crystal sah viele Mädchen oder Jungen, die hoffnungslos verliebt waren und gab ihnen Liebe. Sie sah Erwachsene, die verliebt waren oder eine Streit hatten und sie gab ihnen Liebe.
  Eines Tages sah sie ein Mädchen, das traurig auf einer Bank saß und zu einer Gruppe von weiteren Mädchen schaute, die sich amüsierten. Crystal spürte die Wärme des Mädchens und auch die Wärme eines Mädchens in der Gruppe.
  Aber warum war das Mädchen denn nicht bei der Gruppe, sondern saß allein auf der Bank?
  Crystal horchte in sich hinein und versuchte herauszufinden was los war. Dann spürte sie es. Die Wärme war zwar da, aber es fehlte ein bisschen. Nicht viel, aber trotzdem. Die beiden Mädchen hatten sich gestritten und keine wollte den ersten Schritt machen, um sich zu entschuldigen.
  Als Crystal aber sah wie unglücklich das Mädchen auf der Bank war entschied sie sich dem anderen Mädchen Liebe zu geben.
Sobald der Pfeil das Mädchen in der Gruppe traf, drehte sie sich zum Mädchen auf der Bank um und eilte zu ihr. Sie schloss das Mädchen in ihre Arme und drückte sie fest an sich. Während sie sich entschuldigte, umarmte das andere Mädchen sie überrascht zurück. Sie war glücklich, dass der Streit vergessen war.
  Lächelnd verschwand Crystal und ließ wieder einmal das warme Gefühl hinter sich.
An dieser ganzen Geschichte gab es aber eine Sache die Crystal störte.
Sie konnte zwar verstehen, dass viele Menschen Liebe wollten und hatte auch Verständnis dafür. Was sie aber störte, war das sie anscheinend nicht verstanden, dass Crystal nur bestimmten Menschen Liebe gab. Sie versuchte es den Leuten zu erklären, wenn sie mal gefragt wurde, aber es war schwer. Die Menschen wollten unbedingt, dass sie etwas tat aber sie konnte nicht.
  Nicht alle verdienten die Liebe und nicht alle brauchten sie. Es gab Menschen, die einfach unbedingt verliebt sein wollten und nicht wussten was Liebe war und noch nicht bereit dafür waren. Es gab Menschen, die mehrmals ihre Liebe enttäuscht hatten und Liebe nicht verdienten.
  Aber sie verstanden es nicht. Liebe ist etwas womit man nicht spielen darf. Sie ist kostbar und man muss sie verdienen. Liebe gibt es in so vielen Formen und viele sind sich gar nicht bewusst, wie man mit ihr umgeht. Viele wollen sie einfach.
Wenn Crystal den Leuten die Liebe nicht gab, wurden sie sauer und beschimpften sie. Sie nannten Crystal egoistisch. Das verletzte sie, denn sie versuchte das Richtige zu tun. Crystal wusste, wie es sich anfühlte keine Liebe zu bekommen und manche taten ihr auch Leid, aber sie durfte nicht verschwenderisch damit umgehen.
  Liebe ist etwas kostbares.
  Sie half vielen Leuten und war in der ganzen Stadt bekannt. Viele kamen zu ihr und baten sie um Hilfe. Wenn sie konnte half sie.
Crystal lebte immer noch im Keller und war immer noch arm aber es machte ihr nichts aus. Sie kam gut zurecht und sie brauchte kein Geld, um glücklich zu sein. Das Strahlen auf den Gesichtern der Menschen, wenn sie ihnen Liebe gab war war besser als eine Bezahlung. Die kurz anhaltende Wärme war eine Belohnung.
  Als sie eines Tages wieder im Park war, kam Diana auf sie zugelaufen. Crystal öffnete lächelnd ihre Arme, doch als sie sah das die Kleine weinte, blieb sie erschrocken stehen. Sofort fragte sie Diana was passiert sei.
“Mama ist ganz arg böse auf Papa und sie streiten sich schon seit drei Tagen. Ich will aber nicht, dass sie sich streiten. Kannst du denn nichts tun?”, antwortete sie und wischte sich die Tränen weg.
  Mitleid überfiel Crystal und sie bückte sich, um sie zu umarmen. Diana schniefte leise an ihre Schulter und Crystal wog sie leicht hin und her. Sie strich der Kleinen übers Haar und hauchte ihr einen Kuss auf den Kopf.
  “Ich kann mal schauen, was ich machen kann.”, sagte sie leise. Diana nahm Crystal’s Hand und führte sie zu ihrem Haus.
Durch das Fenster sah Crystal die Eltern in der Küche stehen und wie sie sich anschrien. Crystal war geschockt. Wie konnten sich die Eltern nur so streiten, wenn sie eine kleine Tochter hatten, die zusah. Crystal schloss ihre Augen und konzentrierte sich auf die Wärme. Von beiden kam die Wärme, wenn auch nicht so stark. Sie liebten einander noch, doch der Streit schein etwas Ernstes zu sein. Etwas was die Liebe gefährden könnte.
  Crystal spannte ihren Bogen mit zwei Federn die sich binnen weniger Sekunden in zwei Pfeile verwandelten und schoss. Die Pfeile flogen durch das offene Fenster. Sie traf die Frau und den Mann. Es war als würde das Licht zurück in ihre Augen kehren und nach wenigen Sekunden lagen sie einander in den Armen.
  Diana keuchte neben Crystal auf und schlug sich beide Hände vor den Mund. Ihre Augen begannen zu tränen und sie schaute überglücklich zu Crystal hinauf.
  “Danke! Danke! Danke! Danke!”, jubelte sie und umarmte Crystal’s Beine. “Du bist wirklich die Beste! Vielen dank!”, murmelte sie.
  “Gern geschehen.”, antwortete Crystal.
  Diana löste sich von ihr und rannte glücklich ins Haus. Wenig später sah Crystal sie in der Küche wie sie ihre Eltern in eine Umarmung schloss. Crystals Herz zog sich bei dem Anblick zusammen und sie wendete sich ab.
  Sie lief nicht weit als sie plötzlich stehen blieb und ein Gedanke sie traf. Sie spielte die vorherige Situation noch mal in ihrem Kopf ab und überlegte sich, was dieses mal anders gewesen war. Sie spürte einfach das etwas passiert war, was vorher noch nie passiert war.   Diana war glücklich, hatte sich bei ihr bedankt und ist dann ins Haus reingerannt.
  Bedankt…
 Diana hatte sich bei ihr bedankt. “Danke! Danke! Danke! Danke!” hatte sie gerufen.
Und dann fiel es Crystal auf. Diana war die Erste gewesen, die sich jemals bei Crystal bedankt hatte. Wann auch immer Crystal den Menschen einen Gefallen getan hatte und Liebe gegeben hatte, hatten sie sich nie bedankt. Und das fiel ihr erst jetzt auf. Crystal durchforstete ihr Gedächtnis. Es kann doch wohl nicht sein, dass sich vorher noch nie jemand bedankt hatte. Aber doch. Ihr konnte beim besten Willen keine Situation einfallen, in der sich jemand bei ihr bedankt hatte.
Crystal war geschockt und enttäuscht. Geschockt, weil sich niemand bei ihr bedankt hatte. Was Crystal tat war nichts selbstverständliches. Es war etwas einzigartiges und außergewöhnliches. Und doch taten die Menschen so, als wäre es selbstverständlich. Enttäuscht, weil sie dachte die Menschheit wäre nicht so. Nicht so egoistisch. Sie hatte immer das Gute in den Menschen gesehen, egal wie schlecht sie behandelt wurde. Anscheinend hatte sie sich getäuscht.
  Ab diesem Moment änderte sich alles. Die Wärme die Crystal immer fühlte, nachdem sie Leuten Liebe gab, war nicht mehr so warm. Nicht so intensiv. Sie verschwand schneller.
  Crystal war oft traurig und in Gedanken versunken. Sie wollte nicht zu sehr darüber nachdenken, doch sie zog sich selber immer tiefer in sich zurück. Abends lag sie Stunden wach und dachte nach. Manchmal fing sie an zu weinen. Sie selber wusste nicht warum. War es, weil sie doch nicht glücklich war? War es, weil die Menschheit sie so enttäuschte? War es, weil sie auch Liebe wollte? Sie wusste es nicht und umso mehr sie sich den Kopf darüber zerbrach umso trauriger wurde sie und umso mehr verstand sie, warum sie doch die ganze Zeit nicht wirklich glücklich war. Sie dachte zwar immer, dass sie glücklich war. Aber nun wusste sie das es nicht stimmte. Tief in ihrem Herzen wusste sie die ganze Zeit, dass etwas fehlte. Der Dank und die Liebe. Menschen Liebe zu geben, gab ihr selber keine Liebe. Sie dachte, sie war glücklich. Aber es war nur ein Trugbild, dass die Wärme verursachte, die sie spürte wenn sie Leuten Liebe gab. Man kann nicht glücklich sein, wenn man nur die anderen um einen herum glücklich macht. Man muss etwas für sich selber machen, um glücklich zu sein. Wenn man versucht es allen Recht zu machen, vergisst man immer einen und zwar sich selbst.
 Das realisierte Crystal und sie schrie frustriert auf. Sie dachte sie hätte etwas gefunden, was sie glücklich macht. Warum war es nun doch nicht so? Warum? Warum passiert das alles ausgerechnet ihr? Was hatte sie getan? Es war nicht fair.
Die trüben und traurigen Gedanken nisteten sich in ihr ein und ließen ihr keine Ruhe. Sie konnte nicht mehr schlafen und ging immer seltener hinaus. Es war als wären ihre Gedanken Seile, die sich immer fester um sie schlossen und ihr die Luft abschnürten. Immer mehr Sachen vielen ihr auf, die ihr vorher nicht aufgefallen waren.
  Die Menschen, die sie egoistisch nannten, weil sie ihnen keine Liebe geben wollte, waren noch respektloser als die, die sich nicht bedankten. Sie waren gierig und es scherte sie nicht wie Crystal sich bei den Anschuldigungen fühlte. Ihr fiel auf, dass die Wärme sie immer verließ, weil es nicht ihre Liebe war, sondern die der anderen. Die Wärme war am Anfang nur da um ihr zu zeigen, dass sie das Richtige tat. Sie verschwand sobald Crystals Arbeit getan war. Ihr fiel auf, dass die Menschen sich nur für ihre Gabe und nicht für sie interessierten.
  Wurde sie jemals nach ihrem Wohlbefinden gefragt? Wurde sie jemals einfach so angesprochen, um nett zu reden?
   Nein.
Sie wurde nur dann angesprochen wenn die Leute etwas von ihr wollten. Am schlimmsten empfand sie die Tatsache, dass sie nur durch ihre Flügel und ihre Gabe wahrgenommen wurde.
  Wurde sie vorher als sie noch normal war wahrgenommen? Wurde sie jemals angesprochen? Wurde ihr jemals Hilfe angeboten?
  Nein.
 Sie wurde ignoriert und wie Abschaum behandelt. Nur weil sie Flügel hatte und eine besondere Gabe, schien sie akzeptiert zu werden.
Wenn sie all das nicht hätte würde sie dann immer noch ignoriert und wie Abschaum behandelt werden?
  Ja.
Crystal begann zu bemerken, dass diese Welt vielleicht nicht die richtige für sie ist. Was suchen Engel auf der Erde? Engel gehören nicht auf die Erde.
Alles in allem ekelte die Menschheit sie an. Merkten sie denn nicht was sie taten? Die einzige Person, die nicht so war war Diana. Aber wenn ihre Mutter ihr vorher gesagt hätte, dass man nicht mit Crystal redet, hätte sie sie dann auch damals auf der Wiese angesprochen? Vermutlich nicht.
In den folgenden Tagen ging Crystal kaum raus, sondern isolierte sich von der Außenwelt. Kein Gedanke konnte sie aufheitern. Nicht einmal der Blumenkranz. Sie dachte oft an Diana, aber es heiterte sie auch nicht auf. Vielleicht ein bisschen, aber nicht genug. Der Schmerz und die Enttäuschung saßen so tief. Es tat ihr schon fast körperlich weh.
  Die Menschen in der Stadt schienen zu bemerken, dass Crystal immer weniger in der Öffentlichkeit war. Fragen gingen rum. Jeder wollte wissen, wo sie war. Keiner hatte etwas von ihr gehört und die paar Menschen, die sie ab und zu sahen sagten, dass sie tot unglücklich aussah. Die ganze Stadt war verwirrt und wusste nicht, was das plötzliche abtauchen des Engels zu bedeuten hatte. War sie weitergezogen in andere Städte? War sie einfach weg? Keiner wusste es.
  Bis eines Tages ihre Leiche im Keller gefunden wurde.
  Jugendliche, die in der Gasse vor ihrem Keller gespielt hatten, hatten durch das Fenster im Boden ihren leblosen Körper gesehen und die Polizei und den Notarzt gerufen. Jede Hilfe kam zu spät.
Crystal hatte sich selber mit ihrem Bogen und ihrem Pfeil getötet. Ihr weißes Shirt war blutdurchtränkt und ihre Haut war blasser als sonst. Ihre Augen waren geschlossen und ein seliger Ausdruck war auf ihrem Gesicht. Sie sah nicht glücklich aus, aber auch nicht traurig.
  Sie hatte den Blumenkranz sanft an ihre Brust gedrückt, genau an ihr Herz. Ein paar Blüten waren mit Blut vollgesogen, doch die Blumen, die genau über ihrem Herzen lagen waren, noch ganz.
Eine Menschenmenge hatte sich vor dem Kellereingang versammelt und sie schauten erschrocken und traurig zu, wie die dünne Leiche von Crystal auf einer Bare hinaus getragen wurde.
 Unter ihnen war auch Diana und ihr älterer Bruder Thomas.
  Diana wollte am Anfang nicht wahrhaben, was sie sah. Sie wollte nicht wahrhaben, dass Crystal nun fort war. Sie war fort. Gegangen. Sie hatte gedacht, sie würde zusammenbrechen oder anfangen zu schreien, wenn sie Crystal sah doch nichts dergleichen passierte. Sie stand nur stumm da und weinte lautlos. Ihr Bruder hielt sie fest, damit sie nicht umkippen konnte.
Die Gefühle in Diana erstickten sie und ihr Herz schmerzte. Ihre Unterlippe zitterte und die Tränen liefen in Sturzbächen ihre Wangen runter. Sie schaute auf ihre zitternden Hände hinab, wo sie den Blumenkranz hielt den Crystal ihr gemacht hatte. Sie biss sich auf die Unterlippe und setzte den Blumenkranz auf.
   “Du wirst für immer in meinem Herzen sein Crystal.”, flüsterte sie und strich sich ihre Tränen weg.
   Die Leiche wurde in den Sanitätswagen gebracht und Diana schluchzte leise auf.
Auch ihr Bruder war traurig. Thomas hatte Crystal über die letzten Monate beobachtet und gefallen an ihr gefunden.
  Thomas drückte Diana’s Schulter sanft und wendete sich ab.
  Diana drehte sich um und fragte leise: “Warum muss Crystal gehen?”
 Thomas schaute sie traurig an und nahm Diana’s Hand.
 
  “Sie war zu gut für diese Welt.”




Envoyé: 11:19 Fri, 3 April 2015 par: Sinnes Jil