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Stober Zaira

Wendys Abenteuer Band 1 Tantenalarm!



Wendys Abenteuer Band 1

Vorsicht, Tantenalarm!

 

  1. Kapitel Wendys Welt

 

„Nein“, schrie Wendy und wachte auf, „schon wieder ein Albtraum“, sie seufzte.

Wendy ist 12. Sie reitet schon seit sie fünf Jahre alt ist, liebt Pferde, skaten und ihren kleinen besonderen schwarzen, mit braunen und weißen Flecken übersäten Hund Fido. Ihre Lieblingstiere sind das Pferd, der Puma, das Eichhörnchen und natürlich der Hund; sie mag Katzen eigentlich auch ganz gerne, nur diese vier Tiere kommen davor dran, und sie spielt MEGAgerne Klavier. Sie hat einmal im Monat einen Albtraum, in der Vollmondnacht; man muss wissen, dass sie eine sehr empfindliche Person ist. Das Schlimmste ist, dass sie immer den gleichen Traum hat: sie galoppiert auf einem wilden Hengst, dem Pferd, das ihr im Traum begegnet ist. Aber Wendy glaubt, dass er nur schlecht behandelt wurde, bevor er zu ihrem Reiterhof Blümchen kam. Im Traum galoppierte sie mit Dino einen schmalen Weg entlang, da fing er plötzlich mit Bocken an und warf sie in hohem Bogen runter. Wendy erschrak fürchterlich als sie einen dumpfen Schmerz in ihren beiden Armen und dem linken Bein spürte, dann wurde alles schwarz vor ihren Augen. Keuchend wachte sie auf.

Wendys Familie: wir fangen von der ältesten zum jüngsten an: 

Oma Mathilda: ihre Großmutter, sie hat sehr kurze graue Locken, eine sportliche schlanke Figur so wie Wendy selbst, die beiden sehen sich sehr ähnlich. Großmutter Mathilda nennen alle Oma Tilda.  Oma Tilda hat immer gute Laune, da wo sie ist, strahlt immer die Sonne.  Sie hat früher ebenfalls sehr gerne geskatet und sehr viele Medaillen gewonnen, leider konnte sie nach einem tragischen Unfall nie mehr aufs Bord. Den Unfall hat sie nie jemandem erzählt. Sie ist die Mutter von Albert.

Wendys Opa Tes ist leider vor 2 Jahren bei einem Autounfall gestorben, er sah seinem Sohn sehr ähnlich.

Wendys Vater Albert: er ist Architekt, er liebt seinen Beruf, er ist mittelgroß und hat eine Vorliebe für weiße Hemden und alte Bücher. Er liebt seine Familie über alles und war wirklich froh als er im Lotto 35.000 Euro gewonnen hatte, als er dann auch noch bei einem Gewinnspiel eine Villa gewann, gab es für ihn nichts Besseres.

Lucys Mutter, Großmutter Annie: sie war eine berühmte Schauspielerin, ist leider an einem Herzinfarkt gestorben.

Lucys Vater, Opa Richard: er ist Forscher und die meiste Zeit im Dschungel, im tropischen Wald oder in der Savanne, aber er kommt so oft es geht seine Familie besuchen. Er hat drei Töchter: Esmiralda und Agathe, die beiden älteren, und dann vier Jahre später Lucy.

Wendys Mutter Lucy: sie ist Pianolehrerin und sehr stolz auf ihre Familie, sie hat blonde Haare und große blaue Augen. Ihre herausragende Eigenschaft: sie summt immer eine Melodie.

Wendy selbst: sie hat kleine blonde Locken und blitzende braune Augen. Sie will später mal Pilotin werden, wenn das nicht geht, wird sie Pferdeärztin.

Wendys kleiner Bruder James: er sieht eher aus wie seine Mutter Lucy. Er hat auch strohblondes Haar, aber seine Augen sind die von seinem Vater. James ist erst gerade 7 geworden, er ist ein großer Fan von Autos und Detektiven, er hat sich schon mit 5 Jahren entschieden, dass er Rennautofahrer und Detektiv wird.

 

Die nicht gerade sehr nahe Verwandtschaft: Wendys Tante Esmiralda: sie ist eine pummelige auffällige Person, sie hat rosa Haare und trägt immer schrille Kleidung und hält nichts von den Hobbys ihrer Nichte und ihres Neffen. Sie erzählt Wendy und James, sie sollten sich auffälliger kleiden und sich ein Beispiel an ihr nehmen, was Lucy natürlich nie zulassen würde. Es wäre ja schon schlimm genug, wenn es sie nur einmal geben würde, aber wie das Schicksal es nun mal will, hat sie eine Zwillingsschwester. Die heißt Agathe und sieht genauso aus wie Esmiralda, nicht mal Lucy, ihre Schwester, konnte sie auseinanderhalten als sie klein waren. Sie sehen ihrer Schwester nicht gerade ähnlich.

Lia, Wendys beste Freundin: sie hat blonde glatte Haare und braune Augen, besondere Merkmale: erzählt viel und lacht gern.

Hannah, Wendys Freundin: sie hat schwarze Haare und dunkelbraune Augen, fuchtelt immer wild mit den Händen in der Luft herum, wenn sie aufgeregt ist und das ist ziemlich oft.

Camille, Wendys Freundin: sie ist die schüchternste der Vier, hält sich mit allem ein wenig zurück. Sie hat dunkelbraune Haare und fast schwarze Augen, die hellwach in die Welt gucken.

 

  1. Kapitel Wie alles anfing

Wendy öffnete die Haustür und erschrak: die Wohnung, in der sie, seit sie 3 war, wohnte, war vollgestopft mit Pappkartons, die Möbel standen irgendwie rum, ihre gute Note in Französisch war sofort vergessen, als sie dieses Durcheinander sah! Und mittendrin ihre Mutter, die ein paar Sachen, die Wendy nicht erkannte, in die Kartons packte. „Wie sieht es denn hier aus?“ rief Wendy. „Hi, schön, dass du wieder da bist, wie war die Schule?“ „Gut, aber wo ist James?“ „Er ist einkaufen mit Papa gefahren.“ „Und was machst du, Mama?“ Lucy richtete sich stöhnend auf und setzte sich auf einen Stuhl, der noch rumstand. „Ich räume die Wohnung auf, na ja, jedenfalls so gut ich kann, und danach ruf ich die Möbelpacker an, damit sie mir sagen, wann sie endlich vorbeikommen. Sie sollten schon längst da sein.“ „HÄ? Was für Möbelpacker?“ „Ach, es sollte eine Überraschung werden, jetzt, wo noch ein neues Kind kommt. Ich habe gedacht, du freust dich, wenn wir in ein größeres Haus ziehen.“ Wendy schluckte schwer. „Muss ich die Schule wechseln, und den Reiterhof und die Skaterbahn und weiß James schon davon?“ Ihre Mutter musste lachen und holte tief Luft: „Ja, James weiß davon, er hat es heute erfahren. Und du sagtest etwas davor mit Schule, Skaterbahn und Reiterhof, ja, du musst alle wechseln, doch dafür müssen wir dich nur noch zur Schule fahren, zu Skaterbahn kannst du mit deinem Skatboard fahren und zum Reiterhof kannst du laufen.“ Als sie sah, wie Wendy sie fassungslos ansah, sagte sie noch: „Ja, du hast richtig gehört, wir ziehen neben den Reiterhof!!!!“ DA lachte Wendy und fragte: „Was kann ich denn tun?“ Ihre Mutter wollte grade antworten als es klingelte, „Kannst du bitte aufmachen, das sind bestimmt die Möbelpacker?“ „Klar, Mama!“

1 Woche später

Es war ihre letzte Nacht zuhause und Wendy schlief ganz schlecht; da wachte Wendy nach Mitternacht wieder auf. Ihr Magen zog sich zusammen, als sie daran dachte, dass morgen der letzte Schultag in der alten Schule war, sie würde sie alle SOOO sehr vermissen, die Schulklasse, ihre gewohnte Skaterbahn, und den Schulablauf, aber vor allem Simon, ihr Lieblingspferd, und natürlich ihre 3 besten Freundinnen. Wenigstens musste sie nicht gleich wieder in die Schule nach dem Umzug, denn erstmal hatten sie eine Woche Ferien.

Ihr Mund war ausgetrocknet, also stand sie auf, ging durch die fast leere Wohnung. Als sie kleine Schritte hinter sich hörte, drehte sie sich um und bückte sich, um ihren Hund Fido zu streicheln. Sie trank was und ging wieder ins Bett.

Am nächsten Morgen wurde sie von ihrer Mutter geweckt, „Aufstehen Wendy, beeil dich, ich muss, nachdem ich dich und James zu Schule gefahren habe, zur Bank, okay?“ „Ja Mama.“

Wendy stand auf, als sie noch überlegte, was sie anziehen sollte, dachte sie: so wird es bald nicht mehr sein, ich werde die nächsten Jahre nur in Uniform in die Schule gehen. Schließlich zog sie ihre schwarze Latzhose und ein gelbes T-Shirt, bei dem die Ärmel bis zu den Ellenbogen runterhängen, ihre neuen helllila Turnschuhe und ihr helllila Haarband an, kämmte sich noch schnell die lockigen Haare, nahm ihren Rucksack und eilte nach unten, um zu frühstücken. Als sie am Essentisch ankam, war sie höchst erstaunt als sie 5 Geschenke sah. „Oh“, da kam Oma Tilda aus der Küche und sagte: „Heute gibt es leider nur ein Joghurt für euch, kannst du noch schnell James aus seinem Zimmer holen?“ „Warum?“ „Na, warum wohl, es ist heute der letzte Schultag in der alten Schule!“ „Okay, ich gehe ihn holen!“ Als sie mit James zusammen runterkam, war der Tisch schon gedeckt. „Guten Appetit“, als sie fertig gegessen hatten, durften sie beide ihre Geschenke aufmachen: James bekam einen Fußball und ein neues Spielauto. Wendy bekam von ihrer Großmutter eine Kette mit einem wunderschönen Edelstein und eine neue Uhr. Fido bekam ein Gummiknochen.

 

  1. Kapitel Der letzte Schultag

Wendy füllte noch schnell ihre Wasserflasche, nahm ihre Hausschlüssel und ging schon mal ins Auto, James kam angerannt und dann auch Lucy. Sie rasten mit Vollgas los, denn sie waren mal wieder spät dran.

Es klingelte gerade als sie ankamen, James und Wendy rannten schnell in ihre Klassenräume, Wendy rief ihrem Bruder noch zu „Viel Spaß!“ und schloss die Klassentür hinter sich. Wendy sah sich nach ihren Freundinnen um und seufzte erleichtert, als sie sie alle drei sah, sie hatte gehofft, dass sie da sein würden, damit sie sich von ihnen verabschieden konnte.

Ein paar Stunden später…

Sie verabschiedeten sich gerade, als ihre Mutter angefahren kam und ihr zurief „Wendy, beeil dich“. „Ich komme!!!“ 2 Minuten später war auch James da.

Als sie zuhause ankamen, war die Wohnung noch leerer als am Morgen, es standen nur noch ein paar Koffer von ihrem Vater im Flur. „Gehe bitte in dein Zimmer und packe deine restlichen Sachen in deinen Koffer wo schon die anderen Sachen sind. Ich werde James helfen und wenn du willst, hilft Oma Tilda dir.“ Wendy rannte die Stufen hoch und zog sich gemütliche Sachen an, eine Hose und einen Kapuzenpulli, dann packte sie ihre restlichen Anziehsachen ein. Als sie damit fertig war, räumte sie Spiele, Bücher und ihren Teddy ein, dann nahm sie einen Sack und packte die letzten Sachen von Fido ein. Sie ging wieder runter und half ihrer Oma beim Brote schmieren, die tat sie in eine Kühltruhe. „Hallo, ihr beiden!“ „Hallo, mein Junge“ antwortete Oma Tilda. „Hi, Paps.“ „Hilfst du mir die Koffer ins Auto zu laden?“ „Mach ich!“ „Dann mal los.“ Sie hatten ein Problem, es passten nicht alle Koffer ins Auto! Es gab nur eine Lösung: sie mussten 2 Mal fahren. Weil die Strecke 4 Stunden dauerte, sollte Papa Albert das Gepäck erstmal zur Villa fahren und dort übernachten, dann zurückkommen und Oma Tilda, seine Frau, Wendy, James und Fido abholen und sie zu ihrem neuen Zuhause bringen. Als das ganze Gepäck verstaut war, fuhr Albert los.

Abends gingen sie sehr früh ins Bett, ihre Mutter sagte „Ihr müsst für die lange Fahrt ausgeruht sein. Morgen wird ein aufregender Tag.“ Als ob Wendy das nicht wusste. Als sie wieder gegangen war, nahm Wendy Fido aus seinem Körbchen und tat ihn unter ihre Bettdecke und schlief ein.

Am nächsten Morgen wachte sie auf und zu ihrer Überraschung saß ihr Vater am Esstisch. „Was machst du denn hier?“ „Ich wohne hier, falls du es vergessen hättest!“ „Was hast du denn für eine schöne Kette an, die kenne ich noch gar nicht.“ „Die hat Oma mir geschenkt, ist sie nicht wunder schön?“

„Wunderschön“ erwiderte ihr Vater lächelnd. „Danke. Wann fahren wir?“ „Nach dem Essen normalerweise, wenn alles gut geht.“ „Alles klar, was riecht hier denn so lecker?“ „Deine Oma hat zu Feier des Tages eine Pfannkuchentorte gebacken.“ „Lecker, ich habe einen riesigen Kohldampf!!!“  Als nichts mehr da war, verabschiedeten sie sich vom Haus und dem Garten. Als auch dies erledigt war, fuhren sie endlich los!!!

 

  1. Kapitel Die neue Villa Fantasia und ihr Garten

 

Wendy wachte auf, als sie an einer Ampel anhielten. „Sind wir bald da?“ „Ja, wir sind in 10 Minuten da, solange kannst du die Adresse suchen.“ „Och nö!!!“ „Doch, ich bestehe darauf!“ „Puh!“ „Hier die Landkarte.“ „Aber ich habe doch gar nicht ja gesagt!“ „Wendy!!!!! Nun mach schon!“ „Na schön!“

„Die Adresse ist Waldstraße 52.“ „Danke.“

„Ist dieses Minigebäude die Schule?“ „Nein.“ „Wo ist die Schule?“ „Es ist das nächste Grundstück, …“ „WAOW!!!! Das ist die Schule?“ „Gefällt sie dir?“ „Ja.“ Wendy verschlug es den Atem als sie diese Schule sah. Es war ein riesiges Gebäude, die Wände waren aus Glas, so dass man alles von ihr eigentlich von außen sah, um sie herum war ein riesiger Garten. Wenig später kamen sie an einem Bauernhof vorbei, Wendy sah ein Mädchen, das 2 Esel führte. Sie hatte schwarze Haare, die bis zur Schulter reichten und wie Winni erkennen konnte, war das Mädchen ungefähr in ihrem Alter, vielleicht konnten sie Freundinnen werden… da unterbrach Wendys Vater sie, wir sind da, und er lenkte den Wagen in eine sehr schöne und saubere Allee. Sie war mit Kies ausgelegt und am Rande wuchsen hohe Bäume, dahinter war ein Garten. Als Wendy nach vorne sah, weiteten sich ihre Augen: vor ihr stand ein 3 Meter hoher Brunnen, in dem eine hohe Fontaine sprudelte. Hinter diesem Brunnen war die Villa, davor hing ein handgemaltes Schild, auf dem stand: Welcome in unserer Villa Fantasia.  Als sie anhielten, wachten auch die anderen auf, und rissen staunend die Augen auf: Was für ein Haus! Haus? Nein, das war kein Haus, das war eine Villa.

Die Villa von außen:

Sie hatte ein rotes Dach, direkt unter dem Dach war ein riesiges Fenster und Wendy dachte, da würde ich gerne mein Zimmer haben, doch wahrscheinlich war da der Dachboden. Es waren 6 Balkone, die alle gut auf der Mauer verteilt waren, einer war direkt unter dem großen Fenster und wenn man darauf wollte, musste man das große Mondfenster aufmachen und sich runterhangeln. Echt aufregend. Als sie die Villa von außen genug bestaunt hatten, stiegen sie endlich aus dem Auto aus. Dann sahen sie die Tür, sie war aus Eichenholz und sah sehr stabil aus. Stolz schloss Oma Tilda die Tür auf, jeder probierte, als erster durch die Tür zu kommen. Es gab eine Riesendrängelei, als sie schließlich alle in der Eingangshalle standen, sagte keiner etwas. Es war zu schön, um war zu sein! Die Decke war mit wunderschönen Bildern bemalt, so wie auch die Wände. Vor ihnen war eine riesige Treppe, die die ganze längliche Seite einnahm. Jetzt verstanden sie alle, warum dieses Haus Villa Fantasia hieß. Man hatte das Gefühl, auf Wolken zu schweben, die Wände waren mit Sonnenuntergängen, Monden und Galaxien gefüllt, dann sagte Albert: „Was sollen wir zuerst besichtigen? Die privaten Zimmer, das Esszimmer, den Salon, die Küche, den Garten, das Badezimmer, den Schuppen, die Garage, das Spielzimmer, die Bibliothek, den Wintergarten, den Keller, der Saal in dem eure Mutter Klavierunterricht geben wird, oder mein Büro?“ Alle lachten. „Wie wäre es, wenn wir von unten nach oben anfangen würden?“, fragte Oma Tilda. „Gute Idee, also von unten nach oben.“ James hatte die Hand von seiner Mutter genommen, er traute dem Ganzen noch nicht so richtig, und fragte: “Werden wir hier wohnen, oder nur Ferien machen?“ Mama lachte, „wir werden hier wohnen, gefällt es dir?“ „Ja“, das war das einzige, was er sagen konnte. 

Und dann kam Überraschung nach Überraschung. Sie gingen unter die Treppe und da waren gleich 3 Türen. Papa nahm die erste, dahinter war ein Flur. Als sie den Flur entlanggingen, bestaunten sie die Porträts, die an den Wänden hingen, dann öffnete Albert noch eine Tür und sie kamen in einen sehr großen und aufgeräumten Salon. „Ich erwarte, dass ihr das nicht gleich alles mit euren Sachen vollmacht, sowieso hoffe ich, dass es hier ein bisschen aufgeräumter bleibt als im anderen Haus, haben wir uns verstanden?“ Typisch Dad, dachte Wendy, nickte aber. „Ja Papa“ antwortete James laut. „Hinter dieser Tür ist die Küche! Da Oma die einzige ist, die von uns kochen kann, sollte sie die Tür aufmachen, findet ihr nicht?“ „Na gut“ sagte Oma Tilda und schloss die Tür ehrfürchtig auf. Die Küche war eine ganz normale Küche mit modernen weißlackierten Schränken, aber mit allem, was eine gute Köchin brauchen konnte. Oma lächelte erst, grinste dann breit über beide Ohren, sie sagte: „Hier werde ich es eine Weile aushalten“, und brachte damit alle zum Lachen.

So waren alle Zimmer eingerichtet, modern und gestylt. Zuletzt blieb nur noch das Zimmer von Wendy übrig. Aber weil ihre Eltern noch zur Bank fahren mussten und James mitnehmen wollten, waren es erstmal nur noch Oma Tilda und Wendy, die Wendys neues Zimmer besichtigten. Aber das machte gar nichts.

 

  1. Kapitel Wendys Zimmer

 

Es war sehr schön. Wendy nannte es: Mein Dschungelbuch-Zimmer, so sah es nämlich auch aus. Der Boden war mit einem dicken grünen Teppich ausgelegt, von der Decke baumelten Lianen runter, Büsche und Pflanzen wuchsen aus dem Teppich heraus und das alles war so dicht, dass man wirklich denken konnte, es wäre ein richtiger Dschungel. „Gigantisch!“ jubelte Wendy, als es klingelte, „Ich gehe aufmachen“ sagte Oma Tilda. „Ist gut“ antwortete Wendy.

Sie ging durch ihr neues Zimmer und fand in der einen Ecke eine mit Knoten dekorierte Liane.  Als sie aufsah, sah sie ein kleines Loch und dachte: Das will ich mir mal genauer ansehen. Sie kletterte mit einigen Problemen an der Liane hoch und drückte gegen das Teppichstück. Oh, es gab nach, sie schob es zur Seite und dann hangelte sie sich durch das kleine Loch. Was sie sah, erstaunte sie, es war ein weicher Boden. Als sie drauftrat, gab er nach und man konnte herrlich drauf rumliegen. Von diesem Platz würde sie keinem erzählen! Das würde ihr Geheimplatz werden. Da sah sie den Trick, man konnte das Teppichstück einfach über das Loch legen, so sah man es von unten nicht. Wie cool.

 

 

  1. Kapitel Das Ende vom Anfang

 

„Wendy, kommst du bitte runter, um beim Auspacken zu helfen?“ „Ich komme, Papa,“ rief sie… „wenn ich den Weg wieder runter finde“ fügte sie leise hinzu. Doch schließlich hatte sie es geschafft: sie stand vor ihrem Auto. „Hier deine Koffer.“ „Wo ist Fido, Papa?“ „Hier, wir haben ihn nicht vergessen, keine Sorge“ lachte ihr Vater. „Fido!!!!“ rief Wendy, „lange nicht gesehen, mein Hündchen!“ Fido bellte zustimmend und sprang an ihr hoch. Ihr Vater schmunzelte, „Jetzt helfe bitte das Auto auszuladen, Wendy, Fido kann so lange den Garten erkunden.“ Ja, der Hund konnte, aber nur wenn er wollte, stattdessen wich er nicht von Wendys Seite, bis sie alles, was im Auto war, auf den Weg der Allee gestellt hatten. Dann sagte Oma Tilda: „Ich gehe eine kleine Stärkung zubereiten, bei der Kofferschlepperei kann ich euch leider nicht mehr helfen. Ich würde vorschlagen James kommt mit und hilft mir. Komm James, wir beide bereiten etwas Leckeres für uns alle zu.“ „Das hört sich lustig an!“ antwortete James. „Wendy, kannst du die Koffer von deiner Oma in ihr Zimmer bringen? Bitte.“ „Na klar Paps, das geht in Ordnung.“ Wendy betrat die Eingangshalle, lief unter die Treppe und nahm die dritte Tür, ließ Fido an sich vorbei und stieß die Tür hinter sich wieder zu. Sie bog nach rechts, nach links, wieder nach rechts, dann kam sie an einer Kreuzung an, aber musste sie jetzt gerade aus, nach rechts, oder nach links? Sie entschied sich für links, lief eine Weile den Flur entlang und kam wieder an Türen an. Diesmal waren es 4, Wendy stellte die zwei Koffer ab und öffnete erst die erste… die zweite… die dritte… Wendy murmelt „wie immer ist es bestimmt die letzte, hab ich recht?“ Sie öffnete die letzte Tür, seufzte und dachte, „wie immer hatte ich wie immer recht“ und prustete los. Als sie irgendwie den Weg zurückgefunden hatte und wieder in der Eingangshalle stand, kam ihr Vater auf sie zu. „Wendy, wo warst du? Du warst eine dreiviertel Stunde weg!“ „Echt? So lange schon! Ich habe Omas Zimmer nicht gefunden, und auf dem Rückweg habe ich mich verlaufen.“ „Soso“, antwortete ihr Vater, „naja, du hast ja noch ein paar Tage, um dich hier einzugewöhnen.“ Ja…

 

  1. Kapitel Das erste Wochenende in der neuen Villa

 

Nun hatte jeder seine Koffer in seinem Zimmer stehen und sie konnten in Ruhe die Behausung einrichten. Wendy kletterte die Leiter zu ihrem Zimmer hoch, und weil ihr Zimmer ja eigentlich der Dachboden war, musste sie die Luke aufdrücken. Da aber noch eine dicke Teppichschicht darauf lag und sie Fido im Arm hatte, war es ganz schön schwer, doch schließlich hatte sie es geschafft. Wendy sah sich wieder staunend um, sie hatte sich noch nicht daran gewöhnt, ein Dschungel-Zimmer zu haben! Sie zog sich hoch, setze Fido ab und sah auf die Uhr. Was! So spät schon! Da kam auch ihre Mutter nach oben, „Wendy, es ist viertel vor zehn, wie wäre es, wenn du jetzt ins Bett gehst, nur die Sachen aus dem Koffer nimmst, die du für die Nacht brauchst, und die restlichen Sachen morgen früh ausräumst?“ „Mach ich.“ „Wendy, morgen früh, wenn du aufstehst, sei bitte vorsichtig, wenn du diese Treppe runter gehst. Ich werde nicht mehr diese Treppe rauf- oder runtergehen, bevor dein kleines Geschwisterchen da ist.“ „Ist gut. Gute Nacht, Mama!“ „Gute Nacht, Wendy“, dann stieg Lucy die Treppe vorsichtig wieder runter. Wendy nahm ihren Teddy, legte ihn ins Bett, dann nahm sie ihre Zahnbürste, Zahnpasta, ihre Bürste und Fidos Kamm, zog ihren Schlafanzug an und ging ins Bad. Dort putzte sie sich die Zähne, kämmte sich ihre blonden Locken und bürstete Fido das Fell. Sie beeilte sich, in ihr Zimmer zu kommen, denn sie war sehr müde von allem. Sie schloss die Luke hinter sich, schnappte ihren Teddy und drückte sich unter ihre Bettdecke. Fido pennte am Fußende.

Am nächsten Morgen, als Wendy ihren grünen Dschungel sah, wusste sie nicht gleich, wo sie war. Aber es fiel ihr ein, als sie die 3 Koffer sah. Genau, ich bin ja umgezogen, dachte sie, und schleuderte die Decke weg. Sie raste die Treppe runter und wieder rauf, als Fido jämmerlich zu jaulen begann. Leiter konnte er nicht. Mit Fido auf dem Arm kletterte sie wieder runter und lief nach unten. Fido sprang bellend hinter ihr her, auf halbem Weg traf sie auf James. „Guten Morgen, kleiner Bruder, komm, mal sehen, was Oma zum Frühstück gemacht.“ „ja, ich hab auch Hunger“, antwortete James, „na los, Wettrennen bis zur Küche, ab der großen Treppe, okay, Wendy?“ „Na klar“ lachte Wendy. „Los!“ schrie James… „Ich habe gewonnen, Wendy! Haha!!!“ Als sie in der Küche ankamen, erwartete Oma Tilda sie schon und öffnete ihnen die Tür. „Woher wusstest du, dass wir kommen?“ fragte James. „Na ja… ich habe es geahnt“ schmunzelte Oma. „Stimmt, wir waren wahrscheinlich sehr leise“, sagte Wendy grinsend. „Hä? Wendy, wir waren doch sehr laut!“ Sie lachten immer noch, als Lucy reinkam. „Guten Morgen“, sie gähnte, „Habt ihr gut geschlafen?“ „Ja, Mama“ antwortete James noch vor den beiden anderen, „das Bett war sehr gemütlich, ich wünschte nur, ich könnte mein Zimmer Basil zeigen“, fügte er traurig hinzu. Lucy lächelte ihn an, „Du kannst ihn ja mal zu uns einladen.“ „Wirklich?“ „Na klar, dann kann Wendy auch ihren Club einladen.“ „Dürfen Hannah und die anderen wirklich kommen?“ „Warum denn nicht, jetzt wo wir hier wohnen“, erwiderte Lucy. „Vielen Dank!“, rief Wendy begeistert. „Könnt ihr den Tisch decken, solange ich die Arme Ritter in Schüsseln umfülle?“, sagte Oma Tilda. „Es gibt Arme Ritter“ jubelte James, und sprang hinter Lucy her, um die Tassen mit Tee und Kakao zu füllen, den sie mitgebracht hatten. „Ich muss nach dem Essen einkaufen gehen, wer kommt mit?“ „Ich!“ schrie James, „Ich würde auch gerne ein paar Besorgungen machen“, sagte Oma Tilda, „und du, Wendy?“ „Eh… eigentlich würde ich mich lieber in Ruhe einrichten und die Umgebung erkunden.“

„Ist gut, dann ist das schon mal geregelt“, sie wollte noch etwas erwidern, da kam Vater herein, im Morgenmantel! „Guten Morgen allerseits!“ „Guten Morgen, mein Lieber, hier eine Schüssel Armer Ritter“, sagte Oma und reichte ihm die Schüssel, „Mmh lecker… Ich muss nach dem Frühstück noch mal zu meinem Anwalt, kommt jemand mit?“ „Dann können wir gleich einkaufen gehen?“ „Stimmt! Kommen alle mit?“ „Nein, Wendy nicht“, plärrte James. „Hör auf! Das ist nicht schlimm“ erwiderte Vater. “Ich würde vorschlagen, dass wir uns trotzdem umziehen, bevor wir losfahren.“ „Das stimmt“, lachte Oma Tilda. „Na dann, beeilen wir uns!“ Als die anderen sich anziehen gingen, räumte Wendy, dass Geschirr in die Spülmaschine und ging hinauf in ihr Zimmer. Als jeder angezogen war, trafen sie sich an der Tür. „Bis nachher!  Tschüss“ und sie fuhren davon. Wendy rannte wieder hinauf, kletterte die Leiter hoch, raste mit Fido um die Wette bis zu den Koffern, riss den blauen auf und holte ihren Fotoapparat raus. Dann band sie ihn sich um den Hals und ging schnell in den Garten. Sie klickte den Schalter um und der Apparat sprang an. Solange Fido sein Geschäft machte, knipste sie Fotos vom Haus, den Blumen und den Bäumen. Sie blickte auf ihre Armbanduhr und seufzte „erst 20 Minuten vergangen“, also setzte sie sich ins Gras und filmte eine Biene, die in einer Blume Nektar suchte. Ihr war heiß, sie stand wieder auf und pfiff nach Fido, der schwanzwedelnd angelaufen kam. „Es ist schon irre, wie wir hier gelandet sind, findest du nicht auch? Dass wir einfach so ´ne Villa UND 35.000 Euro gewonnen haben, dass wir hier hingezogen sind und sie nicht verkauft haben! So, jetzt komm rein, mein Süßer.“ Fido schlüpfte zwischen ihren Beinen durch. Dann ging sie hoch, räumte ihre Sachen in den Schrank, er hatte 2 hohe Schubladen und 4 kleine. In die zwei unteren kamen ihre Reitsachen. Das waren eine ganze Menge; sie hatte mehrere Hosen, T-Shirts und 2 paar Handschuhe, eine beigefarbene Turnierhose, ein weißes Hemd, eine blaue Krawatte mit goldenen Streifen und einem springenden Pferd drauf, ein paar Stiefel und ein paar Halbstiefel mit Gamaschen. Dann noch die normalen Anziehsachen, Hosen, T-Shirts, Pullis, Jacken, Kleider, Röcke, was man halt so alles an Kleidern im Schrank hat… Wendy verstaute die Koffer unterm Bett, ging ans kleine Fenster an der Seite von ihrem Zimmer und sah plötzlich die Pferde und Ponys: ein Reiterhof!  So wie ihr alter es einer war. Mama hatte es versprochen! Und er war tatsächlich ganz nah. Aber sie wollte noch nicht allein hin gehen, dazu kannte sie den Ort zu wenig.

Weil sie nicht mehr wusste, was sie noch machen konnte, rief sie Lia an und erzählte ihr alles was sie von ihrem neuen Zuhause wusste. Lia fand es genauso toll und wollte sie so schnell wie möglich besuchen.

 

 

  1. Kapitel Die Entdeckungen

 

Sie hatte gerade aufgelegt, als es klingelte. Es war ein angenehmes Läuten und nicht so ein helles Schrillen wie in Landhorn. Sie fühlte sich in der Kleinstadt, die so klein war, dass sie eigentlich ein großes Dorf war, viel wohler als in ihrer alten Stadt. Fido rutschte die Leiter runter und raste die restlichen Stufen runter. Er war so schnell, dass Wendy Mühe hatte ihm zu folgen. Es läutete gleich noch einmal. „Ich komme!“ rief Wendy laut, sie wunderte sich, normalerweise klingelte jeder aus ihrer Familie doch nur einmal. Wer konnte das nur sein? Wendy schloss die Tür auf und erschrak: Wer war denn das? Nein, die kannte sie nicht.

Sie wollte die Tür wieder zuschlagen, doch eine der schrill gekleideten Damen rollte schnell einen Koffer dazwischen. „Hab keine Angst, meine Kleine, wir sind‘s, DEINE Tanten, wo ist denn Lucy?“ „Mutter ist nicht da.“ „Und dich hat sie alleine zurückgelassen!“ „Nein! Ich bin gar nicht allein, Fido ist bei mir“, Wendy sah sich suchend um. „Ach, dieser verrückte Hund?“, meinte die Zweite, „ist wie ein Ballon an der Scheibe hochgesprungen. Wann kommt Lucy denn wieder? Du bist Wendy, nehme ich an?“ Wendy nickte, in ihrem Kopf dachte sie nach, dann erinnerte sie sich. Die Geschwister von Lucy, die ihren kleinen Bruder noch nie gesehen hatten, dabei war er schon sieben! „Willst du uns nicht hereinlassen? Hat man dir denn keine Manieren beigebracht? Und wie du angezogen bist!“ Wendy blickte an sich herunter und überlegte, was sie sagen sollte. Sie hatte einen schlichten gelben Hosenanzug mit kurzen Ärmeln und Hosenbeinen an, was war denn daran falsch? Da stießen ihre Tanten die Tür ganz auf und kamen einfach rein.

 „Was guckst du denn so?“ fragte die eine. „Sie sieht uns an als wären wir Außerirdische!“, lachte die andere. Wendy seufzte erleichtert auf, als ihr Auto die Einfahrt hochgebraust kam. Da stürzte auch schon Lucy heraus und sprang Wendy zur Seite. Dahinter stiegen Albert und James, allerding ohne jede Hast, ebenfalls aus. „Was macht ihr denn hier?“ „Wir kommen dich, deinen Mann und deine reizende Tochter besuchen,“ erklang es wie aus einem Mund. „Und meinen Sohn, aber den kennt ihr ja noch gar nicht,“ ergänzte Lucy leicht genervt. „Wann wart Ihr das letzte Mal da?“ James lugte hinter ihrem Rücken hervor.“ Hallo Kleiner, ich bin Agathe, deine Tante, und komme von weit her!“ „Guten Tag“, erwiderte James, „aber was macht ihr hier, ich habe euch noch nie gesehen!“ „Jaja…“ das wischte sie mit einer Handbewegung weg. Vater war wie immer, aber jeder, der ihn kannte, sah sofort, wie überrascht er war! „Kommen Sie doch rein“, sagte er höflich, um etwas zu sage. Die Stimmung war etwas gespannt; nur die Tanten lachten und sagten beide gleichzeitig: „Wurde aber auch Zeit!“ „Unverschämtheit“ murmelte Mutter, dann ging sie voran, um ihren Schwestern den Weg zu zeigen.

 

 

  1. Kapitel Eine UNVERSCHÄMTHEIT…

 

Lucy führte die beiden in den Salon, Esmiralda und Agathe flüsterten und kicherten die ganz Zeit. Inzwischen klammerte James sich an Lucys Hand und man sah, dass er Angst vor den Beiden hatte, was man verstehen konnte, sie sahen überhaupt nicht aus wie Lucy, nicht mal in der Nähe. Dann flüsterte James ihr zu: „Die beiden sind irgendwie gruselig!“ „Stimmt! Unverwechselbar und man denkt, sie führen etwas im Schilde.“ „Wir sind da.“ Da ließen sich die Tanten auch schon in einen der vielen Sessel plumpsen. „Wollt ihr was zu trinken?“ „Ja“, antwortete Agathe. „Und was?“, fragte Oma Tilda leicht säuerlich. „Ich hätte gerne Brennnesseltee.“ „Ich auch“ sagte Agathe, „wir machen ihn immer selbst, wir tun immer die gleichen Sachen rein, ich meine damit also: Zwiebeln, etwas Zucker, nur Wasser, ohne Milch, Brause, Fahnenkraut und das wichtigste sind natürlich die Brennnesseln!“ „Sonst noch Wünsche?“, murrte Oma Tilda, aber sie ging doch in die Küche und machte den Tee. Sie ist Vaters Mutter, daher hatte sie die beiden nur ein paar Mal gesehen. Als sie dann ihren Tee hatten, der übrigens so stank, dass die beiden Kinder ihn niemals freiwillig probiert hätten, seufzten sie erleichtert auf und machten sich darüber her, während die anderen ihnen angewidert dabei zusahen. Als sie schließlich damit fertig waren, guckten sie auf und fingen an zu lachen als sie die Gesichter der Kinder sahen. „Was guckt ihr so? Habt ihr noch nie diesen Tee probiert?“ „Nein, nie, und wir haben nicht vor, ihn irgendwann zu trinken“, sagte James. „Nicht so frech, Junge“, mahnte ihn Lucy. „Lass ihn“, lachten die Tanten, „das haben wir auch gesagt als wir so alt waren.“ „Das glaube ich gern“ murmelte Albert, „so wie die jetzt reden, haben sie als Kind wahrscheinlich genauso ein Mundwerk gehabt, nehme ich mal an.“ „Wir haben euch was mitgebracht, weil wir euch so lange nicht mehr besucht haben.“ „Nein, bitte nicht!“, flüsterte James Wendy ins Ohr, die prustete los: „Was gibt‘s da zu lachen?“, fragte Agathe, oder war es Esmiralda?

Auf jeden Fall war das alberne Grinsen im Gesicht ihrer Tanten weggewischt. „Aha, ihr lacht also schon die ganze Zeit über uns!“ sagte die eine. „Genau!“, rief die andere. „Ihr denkt also, ihr wärt in einer Zirkusvorstellllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllung!“. Das L rief sie so lange, bis den Kindern das Lachen verging und sie nur noch betreten dreinschauen konnten. Da griff Lucy ein: „Bevor ihr weiter mit den Kindern zackert, sagt mir erstmal, was Ihr hier macht!“ Als sie das gesagt hatte, war es mucksmäuschenstill und es dauerte eine Weile, bis die Tanten antworteten. „Wir sind gekommen, um euch zu sehen, ganz einfach!“ „Ha!“, schnaubte Lucy, „einfach so, das gibt es bei euch? Ist das‘n Witz oder so?“ „Nein“, antwortete Agathe. „Und was sonst?“, fragte Lucy. „Raus mit der Sprache, ich dulde dies nicht!“ „Was duldest du nicht? Entschuldigung, du musst lauter reden, sonst verstehen wir dich nicht!“ Das war zu viel: Lucy sprintete durch den Raum und knallte die Tür hinter sich zu.

Danach war eine peinliche Stille bis…. Albert aufstand und sagte: „Ich werde nach ihr gucken.“ Da fiel Agathe ihm ins Wort, „Nein, wir werden gehen, es ist ja wegen uns!!!“ „Okay. Den Weg findet ihr allein, sie hat eine Mehltüte runtergerissen und ist reingelaufen, also müsst ihr einfach nur der Spur folgen.“ „Natürlich, ihr bleibt aber hier.“ Die ganze Familie nickte zustimmend. Niemand wunderte sich, sah Wendy. Nur ihr kam das komisch vor. Die Tanten gingen schnell los, mit einem gemurmelten „Muss mal auf die Toilette“ schlich sie sich hinter den beiden her und hörte ALLES, was die beiden sagten, und das war mehr als schrecklich.

 

 

  1. Kapitel Die bittere Wahrheit über die Tanten…

 

Wendys Herz klopfte so laut, dass sie dachte, die beiden könnten sie jeden Moment hören. Sie lehnte sich an die Wand und wartete darauf, dass ihr Puls sich wieder normalisierte. Dann horchte sie, schlich weiter, und überlegte was ihr Tanten damit gemeint hatten… „Was also war passiert?

Wendy war ihnen hinterhergeschlichen und merkte, dass wirklich eine feine Mehlschicht auf dem Boden lag. Da stockte ihr der Atem! Wenn die Tanten zurück gingen, konnten sie ihre Fußspuren sehen. Also gab sie sich Mühe, exakt auf die Stapfen der beiden zu treten, was nicht so gut klappte, denn die zwei hatten kleinere Füße als Wendy und trugen außerdem Stöckelschuhe. Sie erschrak fürchterlich als die beiden anhielten und auch noch anfingen zu sprechen. „So, hier findet uns die Polizei so leicht nicht!“, dann lachten sie keckernd. „Und wenn, sagen wir einfach, dass nicht wir die Bank beraubt haben, sondern Albert und Lucy! Schau Dich doch mal um, wo soll denn das Ganze Geld herkommen für so eine Villa?“ Wendy stockte der Atem. Das waren Kriminelle! Sie musste es sofort den anderen sagen, doch würde ihr jemand glauben? Sie war die einzige, die es gehört hatte, und die Tanten würden so leicht nichts zugeben, wenn sie sogar der eigenen Schwester den Fall in die Schuhe schieben wollten. Wendy war so geschockt, dass sie gerade noch umkehren und den Weg zurücknehmen konnte, bevor Esmiralda und Agathe sie endeckten. Als sie endlich wieder in der Küche war, rief ihr Vater: „Wo warst du denn, Wendy? Und die Anderen? Hast Du sie gesehen? Wir mussten das Essen allein essen, ohne Lucy, dich und die verrückten beiden Tanten!“ „Aber Vater…“ „Hier ist dein Teller, du wirst in deinem Zimmer essen müssen.“ „Was? Warum denn?“ „Wir kriegen gleich Besuch.“ „HÄÄÄÄÄÄÄÄ? Aber die Tanten sind…“ „Ich weiß, aber es geht nicht anders. Es tut mir ja auch leid, aber wenn du wieder runterkommst, möchte ich, dass du ein Kleid anziehst.“ „Aber“, sagte Wendy, „aber…“ „Immer aber! Ich kann jetzt nicht, du kannst mich nachher fragen. Und ich möchte, dass du runterkommst, direkt, wenn du fertig bist, okay?“ „Ja, Papa.“ Dann stieg sie die Treppe hoch in ihr Zimmer. Sie aß das Essen, das inzwischen kalt war, Bratkartoffeln und Rührei, eigentlich ganz lecker, aber sie hatte keinen Hunger. Als sie fertig war, putzte sie sich die Zähne und schlüpfte in ihr Lieblingskleid. Dann stieg sie die Treppe runter, raste noch einmal hoch und ging in James Zimmer. Der kleine Bruder stand vor seinem Schrank und bewegte sich nicht. „Was ist James?“ „Ich weiß nicht, was ich anziehen soll“, antwortete er mit weinerlicher Stimme. „Da musst du doch nicht weinen, wie wäre es mit deiner Schuluniform?“ „Aber ziehst du dann auch deine an?“ Wendy hatte zwar keine große Lust, aber sie wollte ihren kleinen Bruder nicht so traurig sehen, deswegen sagte sie: „Natürlich ziehe ich auch meine an, was denkst du denn, und später erzähle ich dir ein Geheimnis!“ „Wirklich?“, fragte James mit aufgerissenen Augen. „Ja, aber nun beeil dich!“ Wendy wartete also in James Zimmer. „Weißt du schon, wann du Basil einladen willst?“ „Auf jedem Fall bald“, antwortete er ihr. „Vielleicht wäre es sinnvoll, dass er am Wochenende kommt, meinst du nicht?“ „Ja, wir müssen sowieso noch fragen, wann sie überhaupt kommen können. Es ist ja schon sehr weit.“ „So“, meinte James, „jetzt gehen wir in dein Zimmer, darf ich mitkommen? ich war doch noch nie dort“, bettelte er. Dies war aber nicht nötig, denn Wendy hätte ihn so oder so mitgenommen. „Na klar, los, ich glaube, es hat gerade geklingelt, komm schnell!“ Sie rasten die Leiter so schnell hoch, dass sie einen Rekord herstellen könnten, nur leider hatten sie die Zeit nicht gestoppt! Wendy zog sich so schnell wie noch nie ihre Sachen an, nahm James bei der Hand, und so rannten sie alle drei, Fido war ihnen gefolgt, wieder runter. In der Mitte hielt James aber noch mal an und sagte: „Ich kann nicht richtig laufen, wenn Fido die ganze Zeit dazwischen springt.“ Unten angekommen gingen sie schnell an den großen Tisch und zu ihrer mittelgroßen Überraschung saß da…

 

 

  1. Kapitel Das schlimme Geheimnis der Tanten

 

„Opa!!!!!!!!!! Endlich bist du wieder da!“ Da kam auch Lucy reingestürmt. „Papa!“, rief sie überschwänglich, aber dann sah sie sich suchend um. „Entschuldige, bist Du allein? Wo sind überhaupt meine Schwestern?“ „Warum? Sie waren nicht bei dir?“, fragte Albert. „Nein, warum sollten sie?“ „Weil sie es gesagt haben, oder habe ich das falsch verstanden?“ „Nö!“, rief James dazwischen. „Na, dann haben sie sich wahrscheinlich verirrt, das ist Wendy auch passiert, als sie das erste Mal hier war.“ „Aber wir anderen sind hier nie allein herumgelaufen, und von uns hat sich auch keiner verirrt.“, warf James ein. „Ja, Albert, und meine Schwestern sind zu zweit, falls ich mich nicht irre!“

„Die zwei waren aber noch nie hier!“ „Ja, das stimmt auch wieder“ erwiderte Lucy, „vielleicht sollten wir sie suchen gehen.“ „Also, wir gehen einfach mal die einzelnen Räume ab.“, meinte Albert. „Dann mal los!“, sagte Oma Tilda. „Sollen wir immer zu zweit gehen?“ „Ja. Wendy geht mit James, Oma geht mit Opa, und ich geh mit Lucy.“ So teilten sie sich auf. „Beeil dich, James, ich weiß, wo sie vorher waren!“ „Woher weißt du das denn?“ „Ich bin ihnen gefolgt!“, dann blieb sie stehen, „du musst mir versprechen, dass du es niemandem erzählst!“ „Nicht mal Opa?“ „Nein, ich habe nämlich etwas gehört das wir der Polizei sagen müssen!“ „Komm schnell wir müssen sie finden bevor irgendwas passiert!“ James hatte inzwischen kapiert worum es ging, sie rannten so schnell sie konnten dahin wo Wendy die Tanten zuletzt gesehen hatte. Doch da war niemand. „Oh nein! Sie sind weg“, rief James. „Aber wohin?“ Sie lehnten sich gegen die Mauer. „Haben sie dich gesehen?“

 

„Ich weiß es nicht!“ „Okay, du musst es der Polizei erzählen!“, meinte James, „Aber wir haben keine Beweise! Glaubst du, dass mir jemand glaubt, wenn ich anrufe und sage, Hallo, hier ist Wendy Pumina, zufällig sind gerade die Bankräuber in meinem Haus, es sind nämlich meine Tanten! Meine Adresse ist Kergrino, Waldstraße 52, Frankreich. Bitte kommen Sie so schnell wie nur möglich, um sie abzuholen“, sagte Wendy aufgebracht. „Warum denn nicht? Wir müssen es wenigstens versuchen“, sagte James leise. „Na schön, aber wir müssen Beweise haben, sonst glauben sie einem gar nichts, das sag ich dir!“ „Beweise? Okay, aber wo sollen wir die herkriegen?“ James guckte recht ratlos. „Wir müssen die Augen und Ohren offenhalten.“ „Das machen wir!“

 

Was sie nicht ahnten, war dass die Tanten alles, was sie gerade gesagt hatten, mitgehört hatten. Sie hatten Wendy nämlich sehr wohl bemerkt, und wussten, dass sie nun sehr vorsichtig sein mussten, um geheim zu bleiben! Die beiden hatten einen Schatten gesehen, konnten aber nicht definieren, wem er gehört hatte, sie dachten, es wäre James, weil er überhaupt keinen Laut gemacht hatte, und ihres Wissens war das bei größeren nicht möglich. In Wendys Schule war aber eine der Sportprüfungen das Schleichen, es hing nämlich davon ab wie behutsam man auftrat. Die Tanten hatten dann eine Abhörwanze in einer der Nischen versteckt und hatten alles, aber auch alles, gehört. Sie lachten sich in ihrem Versteck fast tot. „So schnell wird niemand erfahren, wer wir sind!“ „Genau, wir sehen in Echt ja auch nicht so aus wie jetzt!“ Das stimmte. Die beiden waren während den Einbrüchen zwar noch mollig, aber schwarz gekleidet, und das konnte was ausmachen, wenn man sonst so aus sah wie sie. Und dass sie auch noch unter Leute gingen, war etwas, was die Polizei nicht vermuten würde. So einfach war das zwar nicht, die ganze Zeit so auffällig rumzulaufen, aber wenn man dafür so viel Geld bekommt …. Kann man das schon mal machen.

 

  1. Kapitel Gefunden…

 

„Ich würde sagen, wir drehen um, sonst fangen die noch an, uns zu suchen“, sagte Agathe. „Oh Mist, wir müssen vorher noch zu Lucy!“ „Hast du den Plan? Sonst finden wir ihr Zimmer nicht!“ Da sahen sie James und Wendy. „Hallo ihr beiden“, flöteten sie, und grinsten von einem Ohr zum anderen. „Wir haben uns verlaufen“, meinte Esmiralda, und lächelte weiter. „Dann kommt mal mit!“, rief James, „Opa ist da!“, und damit lief er lachend davon. Wendy wollte ihm hinterherlaufen, doch da packte Agathe sie am Arm und zischte: „Du wirst niemandem auch nur erzählen, was du gehört hast! Na ja, außer James, dem hast du es ja schon gesagt, das war sehr hilfreich!“ „Und du darfst niemals glauben, dass du alleine bist.“ „Du bist nie alleine, wenn wir da sind, jedenfalls wenn wir noch hier sind! Hast du das verstanden, Wendy?“ Wendy nickte langsam, also ließen die Tanten sie los und folgten ihr bis zur Küche. Da lächelten die Tanten wieder und umarmten ihren Vater und ihre Schwester. Wie die so unschuldig tun konnten…

Als sie später mit dem Tee fertig waren, stiegen Wendy und James hinauf in ihr Zimmer. „Was haben die beiden dich eigentlich gefragt, als ich weg war?“ „Woher weißt du, dass sie mir was gesagt haben?“, fragte Wendy erstaunt. „Aber hallo… das war ja wohl nicht schwer zu erraten! Ihr seid erst gekommen als ich schon längst in der Küche war!“ Wendy sah sich um. „Ich sag es dir, aber wir müssen in dein Zimmer gehen, wenn du es wissen willst, geht das? Na klar, solange du mir alles erzählst!“, meinte James, „dann mal los!“.

Als sie im Zimmer standen, erschraken sie. „Was ist denn hier passiert? Warst du das, James? Wenn Vater das sieht, ist er stinkwütend! Du weißt doch, dass er Unordnung nicht mag!“ „Ich bin ja nicht doof! Vorher sah es hier nicht so aus, da bin ich mir ganz sicher. Ängstlich sah James Wendy an, „Wer war das?“ „Ich weiß es nicht, aber ich kann es mir denken!“ „Und?“, flüsterte James. „Ich denke, es waren die beiden Tanten.“ „WAS!!!!!!!!!!! Aber, aber…“, mehr brachte er nicht heraus.

Wendy nahm ihn tröstend in den Arm, aber er riss sich los. „Wir müssen es den Erwachsenen erzählen!“, schrie er aufgebracht. „Ich weiß, aber niemand wird uns glauben, das ist ja das Problem.“, meinte Wendy, „außerdem ist hier kein guter Ort, das zu bereden.“

„Okay, wir könnten in den Weinkeller gehen, um den Ermittlungen einen Anfang zu geben.“ Das taten sie dann.

 

 

  1. Kapitel Die Entscheidung…

 

Die Woche zog sich dahin. Die Tanten waren einfach immer und überall, und immer am Quasseln. Nach einer Woche waren sie und James auch nicht weiter mit der Sache, wegen den Tanten. Wendy zog eine gequälte Grimasse und seufzte, morgen begann für sie die Schule wieder und sie hatte echt keine Lust darauf. Was verständlich war! James und sie waren sehr nervös, seid die Tanten hier eingezogen waren. Die anderen Erwachsenen waren noch immer mit dem Umzug beschäftigt. Schließlich schwang sie sich aus dem Bett und musste den Schlaf erst einmal wegklimpern, als sie etwas sah, das sie so schockte, dass ihr für einen Augenblick der Atem stockte! Sie sprang auf, ihr Blick fiel auf die Wand, dann wieder auf den Boden. Sie kniete sich hin und zerrte den Teppich mühselig von der Wand weg, als ihr etwas in die Hände fiel. Es war eine Art Schatulle mit Lautsprecher und vielen kleinen Knöpfen an der Seite. Sie drehte und wendete das kleine Ding in der Hand, dann fiel ihr die Antwort wie Schuppen von den Augen. Erst war sie sich nicht sicher, dann doch! Sie stand auf, sprang zu ihrem Schreibtisch, zerrte ungeduldig an der Schublade. Die war so vollgestopft, dass sie mal wieder klemmte. „Ich sollte mich vielleicht mal richtig einrichten“, sagte sie zu Fido, aber die letzten Tage hatten sie so aufgekratzt, dass sie dafür einfach keine Nerven mehr gehabt hatte. Schließlich riss Wendy sie einfach ungeduldig auf und kramte nach ihrem Tablett, gab Abhörgerät in Miniaturgröße ein, und wartete auf und ab wippend auf die Suchergebnisse. Mist, grummelte sie als sie ein genaues Foto von dem Apparat sah, den sie in der Hand hielt. Es war zum Verzweifeln! Im gleichen Moment fasste sie einen Entschluss. Sie würde, wenn ihr Vater das nächste Mal in die Stadt fuhr, mit ihm fahren, zur Polizeiwache laufen und alles erzählen was sie wusste. Auch wenn das nicht besonders viel war, es war besser als gar nichts. James würde einverstanden sein, er hatte sich zwar schon immer gewünscht an einem Fall teil zu haben und ihn nicht nur zu lesen, aber es ist nicht das gleiche sich etwas vorzustellen als wirklich hinein zu geraten. Das war also kein Problem, aber es gab da ein anderes: wie würde sie ihren Vater überzeugen können, in Pontivisa allein herum laufen zu dürfen? Es gab nur eine Möglichkeit: sie musste ihre Oma in ihren Plan einweihen. Und wenn Wendy erst einmal etwas beschlossen hatte, dann würde sie so leicht nichts davon abbringen! Es war Sonntag, und am Sonntag schliefen alle aus, sie hatte also alle Zeit der Welt sich auf morgen vorzubereiten. James hatte es da leichter: erstens war er kleiner als sie und die Direktorin hatte ihm schon zwei Mitschüler vorgestellt, mit denen er sich auf Anhieb verstanden hatte. Während sie sich die Zähne schrubbte, versuchte sie sich vorzustellen wie sie in die Polizeiwache rein spazieren würde und alles erzählen konnte was sie seit Tagen bedrückte. Aber wann? Das war ein Problem. Morgen war der erste Schultag, und danach hatte sie Klavierunterricht. Das war klar, ihre Mutter würde eine ihrer Krisen kriegen, wenn sie wüsste was Wendy vorhatte, aber es war nun mal entschiedene Sache, und es gab kein Zurück mehr. Was konnten sie ja auch machen, ohne die Hilfe der Polizei? Gar nichts. Aber, oh Schreck, das hatte sie ja ganz vergessen, nächsten Samstag und Sonntag fuhren sie wieder zurück zu ihrem alten Haus, James und sie gingen übers Wochenende zu ihren Freunden, damit ihre Eltern sich auf die Dinge konzentrieren konnten, die noch gemacht werden mussten. Dann würden ihre Tanten ganz allein im Haus sein. Was sollte sie nun machen? Sie musste noch diese Woche zur Polizei gehen!

„Wendy????????? Kommst du bitte runter?“, rief Lucy gerade hoch. „Ich komme schon!“ Damit rannte sie zurück in ihr Zimmer und zog sich an, pfiff auf zwei Fingern, um Fido zu rufen, der sofort angesprungen kam, aber der nicht mit dem Schwanz wedelte, wie sonst, wenn sie zum Essen gerufen wurden. Er spürte, dass sein Frauchen niedergeschlagen war. Sie tappten beide leise die Treppe herunter, aber als sie am Zimmer vorbei kamen in dem die beiden Tanten immer noch laut schnarchend schliefen, stampfen sie auf und bellten und lachten was das Zeug hielt. Das war die einzige Idee die Wendy und James gekriegt hatten, um den Tanten zeigen, dass sie keine Angst vor ihnen hatten. Sie befürchteten aber, dass das nichts bringen würde, die Tanten würden vor nichts und niemandem zurücktreten, außer der Polizei, und selbst das war nicht sicher. Als sie schließlich in der Küche angekommen war, setzte Wendy sich auf einen der Stühle, gähnte, und machte sich über das Frühstück her, das ihre Oma ihr hinstellte. „Guten Morgen!“, rief sie betont fröhlich. „Guten Morgen, Wendy, na, schon aufgeregt wegen morgen?“, meinte Oma Tilda mit einem verschmitzten Lächeln. Wendy lächelte gequält. „Warum müssen wir auch die Schule wechseln, nur weil wir umziehen?“, fragte Wendy. „Na ja, ich nehme an, dass du nicht jeden Morgen mit dem Zug zwei Stunden zur Schule fahren willst. Aber wenn dir das passt, können wir dich ja noch einschreiben!“ „Schon gut ich habs kapiert“, murrte Wendy. „Na also, warum nicht gleich so?“ „Ich gehe meinen Rucksack packen, bis später! Fido, du bleibst hier unten!“, Fido bellte zustimmend. „Oder weißt du was? Wir gehen jetzt Gassi! Na komm!“, und schon lief sie zur Eingangstür und streifte dem Hund die Leine über. Sie hörte gerade noch so, dass Oma Tilda ihr zurief, dass da draußen irgendwo ein streunender Hund herumlief, und dann noch das alberne Gekicher der Tanten, dann war sie weg.

Es war noch kühl, aber die Sonne blinzelte schon hinter den Bäumen hervor. Wendy atmete die Morgenluft ein und entschloss sich mal zu dem Reiterhof hinüber zu gehen, dass wollte sie schon die ganze Zeit machen, war aber nie dazu gekommen. Sie joggte die Einfahrt hinunter und bog links ab, dann stand sie auf dem Bürgersteig. Ein Radfahrer fuhr an ihr vorbei und winkte ihr zu, Wendy winkte zurück. Dann ging sie weiter bis zur Einfahrt vom Hof. Hier war viel los, Wendy verstand gar nicht wie sie, die ihn so lange beobachtet hatte, nie jemanden gesehen hatte. Sie nahm Fido auf den Arm und lief auf eine Frau zu, die so aussah, als hätte sie hier das sagen. Sie trug eine verwaschene blaue Hose und ein gelbes T-Shirt, auf dem der Name des Reiterhofs draufgedruckt war: Blütenstaub.

„Wow!! Das hier gefällt mir, und dir Fido?“ „Was gefällt dir?“ Wendy wirbelte herum, vor ihr stand ein Junge, der ungefähr in ihrem Alter war, und schaute sie fragend an. „Oh, ich rede von dem Hof.“ „Ach so“, meinte er, „ja, also mir gefällt er auch“, fügte er dann grinsend hinzu. „Oh, tut mir leid, ich bin Leon, und du?“ „Ich bin Wendy, und das hier ist Fido, mein Hund. Weißt du, an wen ich mich hier wenden muss?“ „Na klar, komm mit!“ Mit den Worten lief er davon. Wendy hatte Mühe ihm zu folgen, inzwischen war der ganze Hof voll mit Pferden, Menschen, Putzkästen und allem drum herum. „Hallo!“, da kam auch schon die Reitlehrerin angelaufen, die Wendy auf Anhieb sympathisch fand, es war tatsächlich die Frau, auf die sie vorher zugegangen war, „bist du die Neue?“ Ohne die Antwort abzuwarten redete sie weiter. „Willkommen auf den Reiterhof Blütenstaub, ich bin Kathrin, und ich leite zusammen mit meinem Mann Bruno den Hof! Freut mich, dass du uns mal besuchen kommst, wie heißt du?“ „Ich bin Wendy.“ „Reitest du schon, oder bist du Anfängerin?“, fragte sie Wendy aus. Die holte tief Luft, um auf all ihre Fragen eine Antwort parat zu haben. „Also, ich reite schon seit ich fünf bin, und habe mein Galop 4“, antworte Wendy. „Na, dann ist es ja gut! Sieh dich doch in Ruhe um, ich muss nämlich gleich Unterricht geben. Bis dann!“ Mit den Worten lief Kathrin davon, aber sie drehte sich noch einmal um. „Wenn du Auskunft brauchst, frag irgendjemanden in deinem Alter, die sind alle schon länger hier!“ Damit winkte sie und war verschwunden.

Super, Wendy freute sich endlich hier zu sein und betrachtete das erste Pferd, es war ein Araber, sein Fell glänzte und er war schon gesattelt. Sie betrachtet ihn und streichelte ihn am Kopf, er schien es zu genießen, denn er schloss die Augen, und ließ es geschehen. „Wer hat dir erlaubt ihn anzufassen?“, kam es empört von hinten. Wendy nahm ihre Hand weg und drehte sich um. Vor ihr stand ein großes Mädchen mit langen blonden Haaren, die glatt bis an die Taille reichten, sie hatte einen hochroten Kopf, die Hände in die Hüften gestemmt und sah sie wütend an. „UND? Ich höre!“, schrie sie aufgebracht. „Ich...ich habe gedacht, ihm gefällt es. Ich wusste nicht, dass du da was dagegen hast!“ „Jetzt hörst du´s, Helene Oker hat was dagegen, wenn einfach so Anfänger angelatscht kommen und ihr Pferd antatschen, kapiert?“ „Hör zu! Ich bin keine Anfängerin, weder bin ich angelatscht gekommen, noch habe ich dein Pferd angetatscht, und es ist nicht meine Schuld, wenn du ihn allein rumstehen lässt, also könntest du, BITTE, aufhören so rum zu kreischen? Du machst noch die Pferde unruhig.“ Das Mädchen vor ihr schaute sie verdattert an, anscheinend war sie es nicht gewöhnt, dass man ihr die Meinung sagte. Ohne noch ein Wort zu sagen band sie ihr Pferd los und lief, gefolgt von den anderen, zum Reitplatz, Jetzt blieben nur noch ein paar Shetland-Ponys angebunden. Es war niemand da, also ging sie zu jedem Einzelnen und streichelte sie. Später ging sie einen langen Flur mit Boxen an der Seite entlang und kam in eine große Sattelkammer, wo alles ordentlich aufgehängt und mit Namen verziert war. Da klingelte ihr Handy, sie ging ran. Na, glücklicherweise hatte es nicht geklingelt als sie noch draußen bei den Pferden war! „Hallo Wendy“, hörte sie Lia aus dem Hörer. „Hallo, wie geht es dir?“ „Gut, wusstest du, dass Tarina ein neues Pony hat? Es ist eine Palomino Stute, sie ist so süß!“ Als Wendy nichts erwiderte, hörte sie sich besorgt an. „Stör ich?“, fragte sie. „Nein, natürlich nicht, ich bin gerade auf dem neuem Reiterhof.“ „Super“, meinte Lia, „dann kannst du mir ja gleich alles erzählen…“

Als Wendy zwanzig Minuten später wieder auflegte, hatte sie mehr Sehnsucht als je zuvor. Oh, wie freute sie sich nächstes Wochenende wieder bei den dreien zu sein. Umso mehr beunruhigte sie der Gedanke, dass sie morgen ohne Lia, Hannah und Camille in die Schule gehen musste. Schließlich trottete Wendy nach Hause, sie hatte es immerhin nicht eilig. Als sie zu Hause ankam, ging sie hoch in ihr Zimmer und packte ihren Rucksack. Dafür brauchte sie ‘ne halbe Stunde, dann ging sie zu ihrem Bücherschrank, nahm sich <>, ging zur Ecke mit der verknoteten Liane, und zog sich hoch. Dort fing sie an zu lesen. Die Geschichte handelte von einem Jungen, Diego, der mit einer gewaltigen Zeitkollision aufgewachsen ist. In Diegos Schule schwärmen Mitschüler aus allen Epochen durch die Gänge, Diego liebt diese abenteuerliche Vielfalt. Als Diegos Vater Santiago Ribera -der brillanteste Erfinder seiner Zeit- von einer mysteriösen Widerstandsgruppe, die in die alte Zeit zurückkehren will, entführt wird, ist es an Diego, seinen Vater, seine eigene Existenz und die Zukunft zu retten…

Schon bald war Wendy in das Buch vertieft, sie wurde erst wieder in ihre eigene Zeit zurückgeschleudert als jemand sie rief. „Essen!“, hörte sie ihre Oma rufen, „Ich komme!“, Wendy gähnte. Wieviel Uhr war es denn? Ein Blick auf ihre Armbanduhr zeigte, dass sie während fast vier Stunden gelesen hatte. Das war nicht unnormal, Wendy las viel und gut, und sie genoss es in eine andere Welt zu tauchen. Wenn sie ein Buch mochte, las sie es manchmal mehrmals am Tag.

Sie kletterte wieder herunter und lief in die Küche, um den Tisch zu decken, aber dort waren schon James, Fido, Opa und Oma, und der Kuchen war schon auf die Teller gefüllt. Schon kam James angesprungen, „Du musst dich beeilen, Wendy, Mama will mit dir einkaufen gehen!“ „Okay, ich muss auch nichts essen, ich habe keinen Hunger. Tschüss!“ Wendy winkte ihnen noch einmal zu und zog sich ihre Sommersandalen an. Sie ging schon mal raus und traf da gleich auf Lucy. „So, wir können gehen“, meinte Wendy und stieg ein. Nach fünf Minuten kamen sie an einer Reihe von verschiedenen Läden an. Ein paar waren Klamotten- und Schmuckläden, eine Bäckerei, ein Lebensmittelladen, eine Apotheke. Lucy hielt an dem ersten Laden an und stieg aus. „So… wir sind da!“ Wendy stieg ebenfalls aus, trat vor die Tür, und schon standen sie im Laden. Die Sachen waren an beiden Seiten aufgereiht und ordentlich gestapelt. Aus kleinen Lautsprechern an der Decke dudelte Musik die Wendy nicht mochte. Da kam auch schon eine Verkäuferin, na ja, falls es kein Schminktisch war, so sah sie nämlich aus, die Dame hatte braune, sehr sorgfältig gekämmte Haare, die bis zur Hüfte gingen, war in dunkelblauen Tönen geschminkt und trug knallroten Lippenstift, der am Rand noch dunkler nachgezogen war. Dazu hatte sie ein enganliegendes blaues Kleid an, und Schuhe bei denen einem schwindelig wurde, wenn man sie nur so sah! Also im Großen und Ganzen sah es einfach nur, na ja, wir wollen jetzt mal nicht so unhöflich sein, also… es sah nicht ganz so schön aus, wie es sich die Dame vorstellte! „Guten Tag“, sagte sie mit leichtem Akzent, „ich bin Wilde Hummel, die Besitzerin des Ladens, suchen Sie irgendwas bestimmtes? Hier haben wir alles vom Badeanzug bis zum Hochzeitskleid, und von Socken bis zu den verschiedensten Hüten. Und? Womit kann ich euch behilflich sein?“ Sie sah Lucy und Wendy erwartungsvoll an. Lucy guckte zweifelt, „Ich denke, wir müssen uns erst einmal in Ruhe umsehen.“ „Kein Problem“, erwiderte Wilde Hummel und marschierte davon. „Dann mal los“, meinte Lucy, aber als sie sah zu was für einem Preis dieser Laden einen Pulli verkaufte, stockte ihr der Atem. Sie polterte los, „Was ist das denn, hast du das gesehen? Was die verlangen!“ Lucy hatte vor Ärger einen ganz roten Kopf, sie zog Wendy hinter sich her zu Eingangstür, stieg ins Auto und knallte die Fahrertür zu. „Das ist doch eine Unverschämtheit!  Die müssen mal selber auf die Preisschilder gucken! Also, es waren zwar schöne Sachen dabei, aber zu welchem Preis! Ein alberner Pulli der 255 Euro kostet, findest du nicht, dass das ein wenig übertrieben ist? Ach egal, komm, ich weiß gar nicht, warum wir wieder eingestiegen sind. Jetzt gehen wir erst mal in das Schuhgeschäft, ich könnte neue Schuhe gebrauchen.“ Wendy sah ihre Mutter erstaunt an. „Aber du hast doch gerade welche gekauft!“  Lucy grinste sie an, „ich habe bis jetzt ja auch noch nicht im Garten gearbeitet, jetzt, wo ich es tun werde, brauche ich natürlich ein Paar Gummistiefel!“ Sie stiegen aus und gingen geradewegs auf den Laden zu, der Schuhe in der Vitrine ausstellte. Die Tür schwebte nach oben weg. Ääähhh… zögernd gingen sie rein. Lucy guckte sich sicherheitshalber die Schilder an, bevor sie irgendwas hätte finden können, denn sie wollte nachher nicht angemotzt werden. Das kam zwar fast nie vor, aber trotzdem…

 

  1. Kapitel Hilfe! Der Wettlauf mit der Zeit

 

Glücklich lächelnd verließen beide den Laden. Lucy hatte ein Paar grüne Gummistiefel gefunden, Wendy hatte neue Sandalen bekommen. Sie packten die Schuhe ein, dann sagte Lucy: „Komm, wir müssen noch schnell ein par Einkäufe machen.“  Sie beeilten sich in den Laden zu kommen, sie kauften etwas Brot, eine Zahnbürste für James und einen Gürtel für Oma Tilda. Lucy bezahlte, dann gingen sie alles einladen und fuhren nach Hause. Zu Hause erwartete sie DIE Überraschung, da stand nämlich Oma Tilda in einem langen schwarzen Kleid und mit Stöckelschuhen im Flur, dezent geschminkt, die kurzen grauen Haare ordentlich. Sie war gerade dabei ihre schwarze Jacke anzuziehen, die zog Oma normalerweise nie an. „Hallo, euer Essen steht im Kühlschrank.“ „Wo gehst du denn hin?“ Wendy sah sie fragend an. „Ich?“, fragte Oma Tilda mit einem unschuldigen Blick. „Ach, ich habe einen alten Bekannten von früher ausfindig gemacht, er hat mit mir studiert. Zufällig wohnt er ein paar Straßen weiter, ich habe seine Telefonnummer im Telefonbuch gefunden und ihn angerufen, und jetzt treffen wir uns mal.“, dann straffte sie die Schultern, „wie sehe ich aus?“

„Perfekt“, sagte Lucy voller Überzeugung, „du siehst toll aus! Dein alter Kamerad wird staunen!“ „Warst du beim Friseur?“, fragte Wendy. „Ja, war ich. Sieht man es sehr? Ich hatte den extra gebeten meine Haare nur ein bisschen zurecht zu machen, damit man nicht denkt, dass ich mich sehr lange vorbereitet habe. Das stimmt sowieso nicht, aber…“, sie stockte und warf einen Blick aus dem Fenster neben der Tür. „Ich glaube, das ist er“, meinte sie und machte auf.  „Na dann, viel Glück!“, wünschte Lucy und umarmte Oma Tilda.

 

Fido kam angelaufen und Lucy verschwand oben in ihrem Zimmer. Wendy nahm Fido hoch, rannte alle Stufen so schnell wie sie nur konnte nach oben, zog ihre Reitsachen an, raste wieder herunter und schlich sich in das Arbeitszimmer von ihrem Vater. Dort zerrte sie an einem großen Karton, der mit kleinen runden Büro-Zettelchen gefüllt war. Albert wollte normalerweise nicht, dass eines der Kinder sein Arbeitszimmer betrat, aber jetzt, fand Wendy, war es wirklich eine Ausnahme. Endlich gab der Karton nach, und purzelte dann mit einem lauten Knall auf den Boden. Oh nein! Schnell rappelte Wendy sich auf, alles war durcheinander, sie stöhnte auf. Ihr rechter Knöchel tat höllisch weh. Da hörte sie auch schon Schritte auf der Treppe, sie musste sich beeilen! Also biss sie die Zähne zusammen, und fing an das Papier wieder aufzusammeln. Schon nach ein paar Sekunden zogen sich lange Schnitte über ihre Handinnenflächen, als endlich alles wieder im Karton war, nahm sie sich ein Blatt und versteckte sich hinter einem der langen Vorhänge, die zum Glück bis zum Boden reichten. Keine Sekunde zu früh, denn schon öffnete sich die Tür!

 

Es waren aber nicht Alberts Schritte, die da reinkamen, sondern die von James. „Hallo?“, sagte seine kleine leise Stimme, „ist hier jemand?“ Erleichtert trat Wendy hinter dem Vorhang hervor. „Wendy? Was machts du den hier?“, fragte James, „komm schnell hier raus bevor Papa kommt, schnell in dein Zimmer, okay? Er war schon auf dem Weg hierher als ich aus der Küche gekommen bin.“ Wendy sah ihn prüfend an. „Was wolltest du denn da? Du siehst unnatürlich dick aus“, fügte sie lachend hinzu, „du bist doch hoffentlich nicht schokoladengierig!“ „Das, äh, das ist, das sind meine Taschen“, sagte er schnell. „Nur deine Taschen?“ „Äh, ich glaube, es wäre besser, wenn ich noch einmal zurück in die Küche gehe.“ Als er wieder neben Wendy stand, sah er wieder nochmal aus, in der Hand hielt er EIN Stück Schokolade. „Eins“, sagte er. Wendy lachte, zur Sache selber bemerkte sie nichts.

 

Als sie in James Zimmer ankamen, schob James einen Stuhl unter die Klinke. „So, was wolltest du in Papas Arbeitszimmer?“ „Ich wollte einfach nur ein Blatt Papier holen, da ist mir der Karton runtergefallen. Ich habe alles wieder aufgehoben und mir dabei die Hände aufgeschnitten“, erklärte sie ihm. Er sah sie besorgt an. „Das desinfizieren wir gleich, ich will nicht, dass es eine Entzündung gibt. Wofür brauchtest du dieses Blatt Papier?“, fragte er weiter. „Ich wollte eine Nachricht darauf schreiben, dass ich noch einmal kurz auf dem Reiterhof bin.“ „Aha“, sagte James, „ich glaube aber nicht, dass du dahin wolltest. Ich glaube, du wolltest nur einen Weg finden zur Polizei zu gehen, hab´ ich Recht?“ Beeindruckt nickte Wendy. „Aber wie wolltest du dahin kommen?“ „Na, mit dem Fahrrad. Ich will übrigens immer noch hingehen, denn morgen, wenn wir beide wieder in der Schule sind, wird es nicht mehr gehen. Noch was! Wenn Mama oder Papa oder egal wer fragt wo ich bin, MUSST du sagen das ich auf dem Hof bin! Oder nein, ich habe mir es anders überlegt. Wenn ich weg bin, erzählst du Mama oder Papa alles, was wir herausgefunden haben!“ Schnell schrieb sie die Nachricht fertig und öffneten die Tür.

 

Vor ihnen standen die beiden Tanten ganz in Schwarz, auf ihrem Gesicht lag ein hämisches Grinsen. „So, so, ihr haltet euch für sehr clever, nehme ich an“, sagte Agathe, „Das wird euch aber noch vergehen, ich habe nämlich den Schlüssel für Wendys Luke kopiert als ihr beide unten wart, also sperren wir euch jetzt da ein, einverstanden?“ James und Wendy waren machtlos, ihre Eltern waren in ihren Zimmern, zwei ganze Stockwerke tiefer. Selbst wenn sie rufen würden, würde man sie nicht hören. Sie kletterten die Leiter hoch und hörten, dass man sie unter ihnen geräuschvoll abschloss. „Oh nein“, wimmerte James, „was machen wir jetzt bloß?“ Wendy seufzte. „Ich weiß es nicht.“ Sie saßen da und grübelten. Nach einer Weile sagte Wendy: „Ich glaube, wir haben nur eine Möglichkeit. Ich müsste aus dem Fenster klettern, an der Hauswand runter, und dann mit dem Fahrrad in die Stadt.“ „Glaubst du, das ist eine gute Idee?“ „Ehrlich gesagt, nein, aber welche Möglichkeiten haben wir denn noch?“ „Trotzdem! Ich will nicht allein hierbleiben!“  „Dann kommst du halt mit!“

 

Als erstes drehte Wendy das Radio auf, dann schoben sie mit vereinten Kräften ihren Tisch auf die Lucke. „So, jetzt können sie wenigstens die Klappe nicht gleich aufmachen! Sie werden denken, dass sie klemmt, dann haben wir kleinen Vorsprung“, meinte sie. „Also los, ich als erstes, dann kann ich dich auf dem Balkon auffangen.“ Sie öffnete das Fenster, schwang sich hinaus und landete sicher auf dem Vorsprung. „Los James, du musst springen! Ich fange dich“ James sah Wendy an, und sprang, direkt in Wendys geöffnete Arme. „So“, sagte er schwer atmend, „und was machen wir jetzt?“ „Da, die Leiter von Vater, er wollte ja noch die Brüstung von meinem Balkon kontrollieren. Gut, dass er sie dastehen hat lassen! Ich zuerst, danach kommst du, okay?“ James konnte nur nicken. Wendy sah ihm an, dass er aufgeregt war, logisch, war sie ja auch. Geschickt schwang sie sich über das Geländer und kletterte auf die Leiter. Dann half sie James rüber zu kommen, das war kein sehr großes Problem, ihr kleiner Bruder war ein richtiger Kletteraffe. Vorsichtig stiegen sie die Leiter hinunter, und… schwangen sich heil auf den Boden.

 

Erleichtert seufzten sie auf, viel Zeit hatten sie aber nicht zum Verschnaufen, also liefen sie weiter zur Garage. Hier bemerkte James, dass sein Fahrrad einen Platten hatte, also beschlossen sie, dass er mit Wendy auf dem Rad fahren sollte. „Schnell, James, beeil dich, bevor sie uns endeckten!“ Wendy sprang auf ihr Rad und half James hinter ihr drauf zu steigen, dann trat sie kräftig in die Pedale, nur noch ein paar Meter! Da öffnete sich ein Fenster im Erdgeschoss und sie hörten eine Stimme hinter ihnen her brüllen: „Kommt zurück, ihr kleinen Ratten! Na wartet, euch kriegen wir noch!“ Doch das trug nur dazu bei, dass Wendy noch schneller fuhr. Aber James war schon ganz schön schwer, sie hatte ein Grundtempo, dass sie nicht überschreiten konnte, als sie im verwinkelten Garten der Nachbarn ankamen, hielt sie an. „Los James! Ich helfe dir über die Hecke zu klettern, danach wartest du, bis ich dich wieder abholen komme, okay? Aber keinen Krach machen! Ich glaube, es ist besser, du gehst so weit wie möglich in den Garten hinein!“ James nickte. „Aber wenn jemand herauskommt und mich entdeckt? Dann erklärst du ihm alles. Oh Mist, ich höre die Tanten, los, Räuberleiter!“ Flink wie ein Affe kletterte James hinüber, zum Glück war er schon immer sehr gut im Klettern gewesen! „Viel Glück!“, flüsterte er. „Danke, bis nachher!“ Wendy war noch nie in ihrem 12-jährigem Leben so schnell gefahren! Endlich, da, die ersten Läden! Doch, oh nein, da, das Auto der Tanten! Was konnte sie nur tun? Blitzschnell sah sie sich um, doch da war nur eine umgefallene Mülltonne, eine Hundeleine und ein Laternenpfahl. Sie brauchte irgendwas, um die Tanten einen Augenblick zu beschäftigen! Ihr Gehirn arbeitete ohne Pause, doch da, die Idee!

 

Schnell sprang sie vom Rad, führte es bis zum Laternenpfahl, mit fliegenden Fingern knotete sie die Leine ab, band das eine Ende an die Mülltonne, das andere an den Gepäckträger von ihrem Fahrrad. Nur noch eine Minute, dann würden sie sie erreichen! Zum Glück hatte sie eine Abkürzung durch die Felder genommen! Wendy stellte die Tonne wieder auf ihre Räder, dann fuhr sie mitten auf die Straße. Sie musste nur den ersten Laden erreichen, nur den ersten! Die Leine spannte sich als Wendy losfuhr, dann hörte sie es rumpeln. Wendy seufzte erleichtert auf, die Leine hielt! Mit ihrer kleinen Erfindung konnte sie genauso schnell fahren wie vorher, konnte aber vermeiden, dass das Auto sich zu sehr näherte, ohne dass sie es mitbekam.

 

Da! Der Laden, wo sie Wilde Hummel getroffen hatte, da war sie wenigstens schon einmal drinnen gewesen! Wendy rannte in den Laden hinein, doch, oh Schreck, Wilde Hummel kam ihr entgegen, und nicht mit einen netten Verkaufslächeln, nein, mit einer bösen Miene, einer sehr bösen Miene! „Du willst dich doch nur wichtig machen, dass ist nicht schlau, überhaupt nicht! Aber es ist dein Pech! Denn deine Tanten und ich sind schon reich, wir haben viel Geld! Und jetzt, mit der Unterstützung deiner lieben Tanten, werde ich dich hier einsperren! Ah, da sind sie ja. Hihi!“ Sie hatten damit gerechnet, dass Wendy sich gegen drei Personen zur Wehr setzen würde, und genau das tat sie! Sie machte einen flinken Hacken unter der dicken Hummel hindurch, aber die Tanten sprinteten hinaus und knallten die Tür zu. Wendy saß in der Falle.

 

  1. Kapitel Der Anfang vom Ende…

 

Wendy hörte es hinter sich rasseln und drehte sich blitzeschnell um, strauchelte über einen Hocker und krachte mit dem Kopf zuerst auf den Boden, hinter ihr her kam noch eine Plastikpuppe, dann wurde alles schwarz.

 

Als Wendy aufwachte, tat ihr der Kopf weh, sie befühlte ihn und stellte fest, dass dort wahrscheinlich gerade eine große Beule prangte. Sie rappelte sich auf und stöhnte, irgendwo musste doch eine Toilette sein. Da eine Tür. <> stand da drauf. Super, dachte Wendy, schwankend, mit kleinen Schritten, lief sie drauf zu, sie drehte den Knopf, und die Tür schwankte auf. Da, die Toiletten, aber als erstes wusch sie sich die Hände, sprenkelte sich Wasser ins Gesicht und sah in den Spiegel. Sie musste erst einmal blinzeln, dann riss sie die Augen auf und sah erschrocken auf ihr Spiegelbild, auf ihrer Stirn prangte eine riesige blaue Beule! Sie ging aufs Klo, wusch sich die Hände und trocknete sie ab. Wenn ich sie nicht mit einem Messer wegdrücken kann, dann muss ich sie wenigstens kühlen, dachte sie. Sie rupfte ein paar Blätter Klopapier ab, zog sich den Gummi aus den Haaren, fingerte ihr Taschenmesser aus der Tasche und durchtrennte den Gummi. Dann legte sie sich die kalten, nassen Blätter auf die Stirn und band sie mit dem Gummi fest. Sie sah jetzt zwar aus wie eine Indianerin, eine ziemlich angeschlagene Indianerin, aber besser ging es erstmal nicht. Wendy verließ die Toilette wieder und untersuchte die Tür: abgeschlossen. „Na toll“, murrte sie, seit ihrem Sturz war sie ziemlich schlecht gelaunt! Sie spazierte im Laden umher, da, ein kleines Fenster. Nicht sehr hoch, aber auch nicht gerade tief, wenn sie in die Höhe sprang, konnte sie sich daran festhalten, wenn sie aber abrutschte…

„Wenn ich einen Haufen Anziehsachen drunter lege, müsste ich weicher fallen“, überlegte sie laut. „Gut, das mache ich.“ Nach einer Weile lag dort fetter Haufen mit Anziehsachen. Wendy hoffte, dass sie den nicht bezahlen musste!

Sie ging in die Knie und sprang, ihre Fingerspitzen berührten den Sims, fanden jedoch keinen Halt, doch sie fiel weich auf die Kleider unter ihr. Nach dem Sprung war ihr schlecht. Noch ein letztes Mal! Dieser Sprung raubte Wendy all die Kraft, die sie noch hatte, doch sie erreichte ihn und zog sich hoch, doch zum Verschnaufen war keine Zeit. Hoffentlich haben sie James nicht gefunden! Sie untersuchte das Fenster und fand einen kleinen Hebel, den man runterdrücken musste, damit das Fenster aufschwang. „Hoffentlich nach außen, sonst fegt es mich gleich wieder runter!“ Sie zog, und es schwang nach AUSSEN auf, sie schlängelte sich hindurch und landete hart auf der Wiese. Da lag sie erst einmal mit geschlossenen Augen, dann rief sie sich zu Ordnung. Sie lief um den Laden herum, zur Polizeiwache und stürmte hinein.

Der Wachmeister hörte ihr konzentriert zu. „Ich werde sofort ein Durchsuchungsteam losschicken!“, er führte ein kurzes Gespräch, dann holte er eine warme Decke und eine Pflanzensalbe, legte die Decke um Wendys Schultern und nahm das nasse Papier von ihrem Kopf. Leise pfiff er durch die Zähne. „Da hast du dir aber eine schöne Beule geholt!“ Er cremte Wendys Stirn ein, „So, und jetzt kannst du dich erst einmal ausruhen“. Wendy fuhr hoch, „Nein, ich will dabei sein, wenn sie gefasst werden!“ „Du bleibst hier“, sagte er leise, aber bestimmt! „Okay, vergessen sie meinen kleinen Bruder nicht, er ist bei einem Nachbarn.“ Das letzte was sie sah war das lächelnde Gesicht des Beamten. Dann schlief sie ein.

Zwei Stunden später wachte sie auf denn James umarmte sie stürmisch. „Wendy, Wendy, ich bin ja so froh, dass dir nix passiert ist! Weißt du, die Tanten und diese Hummel sind alle Drei festgenommen worden!“, der Kleine vollführte einen wahren Freudentanz. „Dann ist ja gut“, sagte Wendy mit einem schwachen Lächeln.

 

  1. Kapitel Alles ist gut!

 

Noch eine Woche später, als alles schon lange geregelt war, riefen alle Verwandten an und erkundigten sich nach James und Wendys aufregendem Abenteuer. Alle wollten die Geschichte hören und alle waren sehr glücklich, dass ihnen nichts passiert war. Und Wendy war auch sehr glücklich. Sie mochte ihre neue Schule sehr gern, der erste Schultag hatte nämlich sehr gut geklappt!

 

Noch eine klitzekleine Neuigkeit: nun wohnt die ganze Familie in der Villa, Opa hatte entschieden, erstmal eine Weile dazu bleiben und alle sind froh und glücklich!

 

Bis bald! Wendys Abenteuer auf dem neuen Reiterhof wollt Ihr sicher nicht verpassen????

 

 

Ausgedacht und geschrieben von Zaira Stober, 12 Jahre

  
 




Envoyé: 22:49 Tue, 30 June 2020 par: Stober Zaira