Galerien, Minen an hier Aarbechter (Esch2022)

Früh morgens geht es los, wir steigen tief herab,

Unter Tage verliert sich alles in der Nacht.

Kälte durchströmt unsern Körper – die Luft wird knapp.

Im Düstern stoßen wir den Wagen mit der Fracht.

Für unserein wird diese zum ewigen Grab.

Heilige Barbara, schütze sie unsern Schacht.

 

Ich spüre die Sonne, sie scheint auf mich herab.

Ich bin mit dem Zwitschern der Vögel aufgewacht.

Auf mache ich mich in unsere stolze Stadt,

Wo das Licht sich in manch‘ Gassen verhundertfacht.

Menschen schlagen dort Wurzeln, wie ich sie hier hab‘.

Vögel bauen sich Nester, sie sind wohl bewacht.

 

Die Stollen werden schmäler je tiefer es geht.

Den Himmel haben wir seit Tagen nicht geseh‘n.

In Mephistos Stube sagen wir das Gebet.

Und gibt es eine Steinschicht, die stürzt ausversehn,

Gibt es einen Menschen mehr, der verlorengeht.

Wir arbeiten weiter als sei nichts geschehen.

 

Ich betrachte den Himmel – blau wie der Planet.

Die Winde, sie pfeifen wenn sie mich umwehen.

Ich seh‘ den Horizont, wo die Sonne aufgeht.

Und gibt es doch Wolken, die sich um mich drehen,

Gibt es auch ein Kind, das ein Schäfchen darin sieht.

Vor den einstigen Minen krächzen die Krähen.

 

Es flitzen zischend zwischen Gütern die Ratten,

Das Dröhnen der Sprengung – Lauft um euer Leben!

Thanatos schwebt umher, umgeben von Schatten.

Die Erde zeigt Macht und entfacht viele Beben.

Die Stollen sich unter dem Feuer aufspalten.

Ich hätt‘ meinem Kind gern mehr Liebe gegeben.

 

Ich steh‘ vor der Mine, still liegen Blechplatten.

Ich begreife nun das nach Himmelsblau Streben,

Das tausende Bergarbeiter immer hatten.

Ein Kreuz steht dort unten, mehr hat’s nicht gegeben.

Urgroßvater, was wir noch alles vorhatten,

Die Familie wär noch gern bei dir geblieb‘n.

 

Manche kam’n raus, andere stieg‘n nie aus der Gruft.

Verstummt ist das Grollen der gierigen Mine,

Entweichen nun der rote Nebel - und die Luft.

Kein Bohren mehr, begraben liegt die Maschine

Unter dem Geröll und rotem Gestein der Kluft.

Der letzte belad’ne Wagen verlässt die Schiene.

 

Das Land ist heut‘ reich, wir können damit prahlen.

Doch vergesst nie die Arbeiter, die dafür starben.

Wir leben heute frei ohne diese Qualen

der Arbeiter, die unter Minette begraben.  

Genießt doch die Freiheit, umtanzt von Sonnenstrahl‘n,

damit unsre Helden nicht umsonst ihr Leben gaben.

 

Denn Unfälle, die dort geschah‘n, waren fatal

Aber die Helden stiegen hinab in aller Mühsal.

Nobel haben sie jede Fracht hinausgestrag’n,

Kein Licht gab’s in der Höhle und keine Farben.

Erze wurden geschoben Wagen um Wagen.


 



news created by Angela Marani: 25.09.2021