Schattenmonster

Sie ist die Furchtloseste, die ich kenne. Vor nichts schreckt sie zurück und es scheint, als ob nichts sie brechen kann. Doch wenn es dunkel wird und der Mond hinter den Wolken hervorkommt, bleibt nichts mehr von dem Mädchen, das sie am Tag ist, übrig. Sie zieht sich zurück an einen Ort, wo sie ihre Ruhe hat. Doch, sobald sie allein ist, kommen sie hervor, die Erinnerungen. Wie Schattenmonster umringen sie sie. Sie sind fast unsichtbar, man muss genau hinsehen, um sie zu erkennen.  

Sie sitzt auf dem Boden, am ganzen Körper zitternd, die Beine angewinkelt und den Kopf an die Beine gelehnt. Eine Träne rollt langsam über ihre Wange, tropft hinunter und prallt mit einem leisen Platschen auf den Boden. Im Zimmer ist es wird es wieder still. Im Schein der Kerzen kann man die Schattenmonster tanzen sehen.  

Aus der dunkelsten Ecke des Zimmers beobachte ich sie. Die leisen Schluchzer, die ihre Kehle verlassen, jagen mir Schauer über den Rücken. Was muss dieser Seele nur widerfahren sein? Jeden Abend sitze ich hier und kann ihr nicht helfen. So gerne ich diesem Mädchen auch helfen will, ich kann es nicht. Ihr Schluchzen ist schon fast wieder verebbt, aber ich kann spüren, wie sie immer bedrohlicher näherkommen.  

Die Last der Erinnerungen ist so schwer, dass selbst ich sie in meinem Versteck erdrückend wahrnehmen kann. Ich blicke wieder zu der Stelle, wo sie nun ganz stillsitzt, nur an ihrem bebenden Rücken kann ich erkennen, dass sie immer noch stumm weint.   

Im Kerzenschein kann ich die Schatten erkennen. Sie haben aufgehört zu tanzen. Nun huschen sie an den Wänden entlang, es scheint, als würden sie jagen. Dann bricht ein herzzerreißender Schrei die Stille. Ich drehe den Kopf in ihre Richtung, doch ihr Körper liegt regungslos auf dem Parkett. Schatten nähern sich ihr, und scheinen sie in sich aufzunehmen. Nun ist sie Eins mit ihnen.  



news created by Miya Stephany: 24.10.2021