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Klaassen Eline

Unsichtbar & rotes Haar


 

    Dieser Textauszug stammt aus einem bisher unvollendeten Jugendroman. 
    Der Roman selbst ist Teil einer Serie, die bisweilen zwei Bücher zählt. 
    Sie wird jedoch fortgesetzt. Es sind einige Erklärungen nötig zum Verstehen des Textes: 

    Leo und Lena sind rothaarige Zwillinge, die sich wie zwei Tropfen Wasser gleichen. 
    Zusammen mit ihrem unsichtbaren Freund Jeff schreiben sie ein Buch über ihre gemeinsamen Erlebnisse. 
    Lenas Schrift ist zum optimalen Verständnis schief gedruckt, und Jeffs Schriftart ist anders als die Leos und Lenas.

    Viel Spaß beim Lesen!



In dem Moment wurde unser Gespräch von der Klingel unterbrochen, und plötzlich fiel uns Frau Ayanos Überraschung wieder ein. Mit einem Mal bekam ich ein kribbelndes Gefühl im Bauch. Ein kurzer Seitenblick bestätigte meinen Verdacht, dass es Leo und Jeff ähnlich erging.  

In der Klasse spekulierten wir alle, was diese geheimnisvolle Überraschung wohl sein könnte. 

“Bestimmt lernen wir Brüche, und sie hat eine riesige Tafel Schokolade mitgebracht, damit wir es besser verstehen. Ich hab das mal in einem Buch gelesen, da gab es eine Lehrerin, die war fast so lieb wie Frau Ayano. Aber eben nur fast!”, erzählte Mia. Carlos geriet wieder mal gleich in Panik: “Vielleicht ist es ja eine fiese Überraschung, und Frau Ayano hat sich das Bein gebrochen. Dann kriegen wir einen grausamen megastrengen Lehrer, der uns tonnenweise Hausaufgaben gibt.” 

Bei der Vorstellung schauten wir Carlos beunruhigt und mit großen Augen an. Doch Phillipe beruhigte uns alle wieder: “Rede keinen Schwachsinn, Mann! Frau Ayano konnte doch nicht schon vor den Ferien wissen, dass sie sich das Bein brechen würde. Außerdem hat sie regelrecht gestrahlt, als sie uns das mit der Überraschung mitgeteilt hat, da wird es wohl nichts Schlimmes sein.” 

Melanie, die seit dem 20. Mai mit Phillipe zusammen (und ein mega-super-ober-hyper-galaktisch-verknalltes, eklig knutschendes Paar) war, warf ihm einen verzückten Blick zu. 

Eine Weile überlegten wir alle schweigend vor uns hin. Da hatte Tim plötzlich den Blitzeinfall:“ Ich habs!”, rief er stolz, “Wir kriegen einen Neuen!”. 

“Mensch, darüber hat Carlos sich doch die ganze Zeit aufgeregt!”, stöhnte Max ein wenig genervt. 

“Carlos hat ´nen Lehrer gemeint, Tim hat aber über einen Mitschüler geredet.”, stellte Niko richtig.  

“Ja, das wird es sein!”, stimmte Tanja strahlend zu, "Bei Jeff hat Frau Ayano nämlich genauso selig und geheimnisvoll gelächelt”. “Cool!”, “Stimmt!”, und “Wie geil ist das denn?!”, riefen plötzlich alle durcheinander. 

“Glaubt ihr, es ist wieder ein Unsichtbarer?”, erkundigte sich Nadja neugierig. “Hm, vielleicht.”, meinte Tina. 

Jeff griff zerknirscht nach Leos Hand. Er mochte es gar nicht, wenn jemand über ihn redete, schon gar nicht, wenn man über ihn sprach, als sei er von einem anderen Planeten. 

“Ich glaube nicht, dass noch ein Unsichtbarer dazu kommt. Aber ein neuer Mitschüler könnte schon sein”, vermutete ich. 

“Ich denke, die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich groß, dass es sich diesmal um einen gewöhnlichen Jungen handelt.”, stimmte Ben mir zu. 

“Bestimmt ist es ein ganz normales, wunderschönes, hilfsbereites MÄDCHEN!”, entgegnete Nadja scharf. 

“Quatsch, es kommt ein Außerirdischer in die Klasse, der uns alle auffrisst! Buhahahahahaaa!”, scherzte Mark und warf (wie schon so oft) theatralisch die Hände in die Lüfte, als würde er sich ergeben. Paul schnitt eine Grimasse, die wohl ein Aliengesicht darstellen sollte. 

“M-meinst d-du wirklich?”, stotterte Carlos mit einem Anflug von Angst. Jetzt kam Mark erst so richtig in Fahrt: Natürlich, und wenn wir ihm nicht schmecken, nimmt er uns mit in seine Höhle, und dann” Moritz unterbrach ihn streberisch:“ Hey, seit wann bist du eigentlich so blöd und glaubst an Außerirdische? Es ist nicht mal wissenschaftlich bewiesen, dass es sie gibt, da es sich bei allen Beweisstücken um Fälschungen gehandelt hat.” Mark seufzte enttäuscht“ Mann, Moritz, sei nicht so ein Spielverderber, das war doch nicht ernst gemeint, du Streber.” Mark stieß Moritz kameradschaftlich in die Rippen. Moritz grinste ein wenig verlegen. Wenn ich 'Streber' zu Moritz gesagt hätte, hätte er mir eine geklebt. Das wäre ja auch nicht in Ordnung gewesen. Aber als Moritz‘ bester Freund hatte Mark die offizielle Erlaubnis, ihn so zu nennen. 

Genau in dem Moment betrat Frau Ayano fröhlich das Klassenzimmer. Alle huschten schnell auf ihre Plätze. 

“Guten Morgen Frau Ayano, die liebste Lehrerin vom ganzen Universum!”, leierten wir so schnell wie möglich herunter, denn wir waren alle schrecklich scharf darauf zu erfahren, wer denn der Neue/die Neue (? hat Emilie geschrieben) war. 

“Bestimmt ist es wieder ein Unsichtbarer, ich sehe nämlich niemanden.”, tuschelte Max Sam zu. Vanessa wisperte Lilly leise zu: “Ich hoffe, diesmal ist es ein unsichtbares Mädchen!” “Aber keine Tussi!”, flüsterte Emilie, die mitgehört hatte, zurück. “Bestimmt nicht”, beruhigte Lilly sie mit leiser Stimme. 

Wieso seid ihr denn alle so angespannt? Ist irgendwas passiert?”, erkundigte sich Frau Ayano besorgt. 

“Nein, es es ist nur, wegen dem Neuen.”, erklärte Mia ein bisschen unsicher. 

“Welcher Neue?”, fragte Frau Ayano ahnungslos (oder war das gespielt?). 

Lena stellte klar: “Sie meint die Überraschung. Wir glauben, es würde vielleicht wieder ein Neuer kommen, wie damals bei Jeff.” 

Da prustete Frau Ayano los. Wir wollten schon eingeschnappt den Kopf wegdrehen, da lobte sie uns bewundernd:“ Kinder, ich muss schon sagen, ich bin beeindruckt. Aus euch werden noch mal ein paar richtig große Detektive, so raffiniert, wie ihr seid!” 

Sie lächelte uns anerkennend zu. Dann rückte sie endlich mit der Überraschung heraus:“ Okay, ich werde euch nicht zu lange zappeln lassen. Was ich euch sagen wollte, ist Wir  fahren auf KLASSENFAHRT ! ! !  

Wir brachen in kreischendes Jubelgeschrei aus. Ich meine, Klassenfahrt, wie geil war das denn?! Außerdem waren wir noch nie auf Klassenfahrt gewesen, jedenfalls soweit ich mich erinnern konnte. 

“Kinder, hört mir jetzt bitte gut zu. Eure Eltern werden noch zu einem Informationsabend eingeladen, und ihr kriegt alle noch eine Packliste, aber es kann nicht schaden, wenn ihr das meiste schon jetzt wisst.”, informierte uns Frau Ayano, “Wir fahren nach Cap dAgde. Das ist in Südfrankreich, und es liegt an der Küste. Es dauert ungefähr 12 Stunden, um mit dem Bus dorthin zu fahren. Wir werden eine Woche dort verbringen, in einem gut abgeschirmten, äh, sagen wir mal, Hof. Wir gehen jeden zweiten Tag auf dem Meer segeln, aber keine Angst; das lernt ihr dort. Wir gehen regelmäßig ins Meer schwimmen, gehen ins Aquarium, zu den grottes des Clamouses Kurz: wir werden jede Menge Spaß dort haben!!! Dabei bleibt es für heute, was das Erklären der Ferien betrifft", meinte Frau Ayano, "Jetzt werden wir mit Mathe fortfahren".

In der Pause zogen Jeff, Lena und ich uns auf einen Baum zurück. Wie ihr höchstwahrscheinlich noch aus unserem vorigem Buch wisst, ist der Schulhof unserer Schule sehr, sehr groß und sehr, sehr alt, daher stehen überall dicke, alte, hohe und knorrige Bäume herum. Darin kann man sehr gut klettern, und das Beste ist: Wir dürfen sogar darin klettern!!! 

Herr Semmler hat alle Eltern um ihre schriftliche Erlaubnis gebeten, und alle haben sich bereit erklärt. 

 
Wie dem auch sei, (das hat er garantiert aus einem Buch!!) wir saßen halt in diesem Baum um über die Klassenfahrt ???? ???? ?  zu sprechen. 

Hey, Leute, lasst  ihr mich bitte auch schreiben? Ich meine, es ist doch immerhin unser Buch. Und außerdem befürchte ich, dass wir, wenn ihr so fortfahrt, in einem Jahr immer noch nicht von der Stelle gekommen sind. Darf ich? Bitte? 

Klar darfst du, du hast vollkommen Recht! Stimmt, schieß los, Jeff! Ich beiße jetzt erst mal kräftig in meinen Apfel. 

Leo biss kräftig in seinen Apfel. „Sagt mal, was haltet ihr eigentlich von der Idee mit der Klassenfahrt? Die ist echt cool, was?!“, meinte ich begeistert. 

Stimmdosch isch scho zschiellich die ollebesche Idee, die Frau Ayono sche hotte!“, nuschelte Leo, während er in aller Seelenruhe seinen Apfel mampfte 

„Wie bitte?“,  fragte ich amüsiert. Leo wollte schon den Bissen runterschlucken und erklären, doch Lena kam ihm zuvor: „Er behauptet, das sei so ziemlich die allerbeste Idee, die Frau Ayano je hatte. Und ich gebe ihm dabei voll und ganz Recht!!!“. Ich sah sie erstaunt an, doch Leo grinste vergnügt. Tja, da dachte ich mir gleich: ‘Das hat wohl was mit dem Zwillinge-Sein zu tun‘.  Wir unterhielten uns noch ein wenig über dies und das, wie zum Beispiel, wen wir vermissen würden (höchstens Pfote und Tatze!), bis Lena mich plötzlich erschrocken ansah. Besorgt erkundigte sie sich: „Aber wer passt denn dann auf Lilouche auf, während du in den Ferien und deine Eltern als Geheimagenten unterwegs sind?“ Nun war es an mir, zu grinsen: „Ich finde schon Wege, einen unsichtbaren Hund unterzubringen, mach dir darüber mal keine Gedanken!“. In diesem Moment setzte leider das berühmte Pausenklingeln ein, das selbst die wichtigsten Unterhaltungen ohne Gnade unterbricht, da hilft kein Protest. Wir mussten ins Klassenzimmer gehen.

 




Envoyé: 15:01 Tue, 8 March 2016 par: Klaassen Eline